Ta­ges­licht-Sym­po­sium 2021

Tageslicht bringt Poesie in die Architektur

Wie vielfältig das Tageslicht Einfluss auf das Architekturschaffen hat, zeigte die Bandbreite der Referate am zweiten Tageslicht-Symposium der Hochschule Luzern. Der Anlass fand am 17. Juni online statt.

Date de publication
22-06-2021

Je stärker sich die Planenden um einen schonenden Umgang mit den Ressourcen bemühen, desto bedeutender wird die Rolle des Tageslichts. Es gilt, das Tageslicht als über viele Stunden gratis vorhandene Energiequelle möglichst umfassend in die Lichtplanung eines Gebäudes zu integrieren. Der Lichtplaner Christian Vogt gewährte einen Einblick in seinen Arbeitsalltag, der vom Abwägen zwischen Tageslicht- und Kunstlichtlösungen geprägt ist.

Gerade beim Bauen im Bestand sind Ideen gefragt, bei denen keine zusätzlichen Leuchten sichtbar sind. Oftmals machen ältere Bauten vor, wie sich durch architektonische Kniffe wie abgeschrägte Simse in Fensterlaibungen oder indirekte Belichtung über Sheddächer die Tageslichtausbeute maximieren lässt.

Überhaupt plädiert Vogt dafür, das von oben einfallende Licht stärker zu berücksichtigen, das den Raum um ein Vielfaches intensiver und in einer anderen Farbe erhellt als seitlich einfallendes Licht. Ergänzend zu diesen baulichen Ansätzen setzt Vogt Lenkungssysteme ein, die Tageslicht ins Gebäudeinnere führen, bevor Kunstlichtlösungen hinzukommen.

Weitere Artikel zum Thema Tageslicht finden Sie in unserem digitalen Dossier

Ein wichtiger Bestandteil der Lichtplanung ist es auch, Blendungen und Schatten zu kontrollieren. Dabei gewinnen Solarpaneele auf Nachbardächern oder Nachverdichtungen zunehmend an Bedeutung, ebenso die Nutzung von Bestandsbauten gegen ihren ursprünglichen Zweck. Die neue Tageslichtnorm als Planungsgrundlage ist bei solchen Bauaufgaben offenbar noch nicht angekommen: Nach den Beobachtungen von Christian Vogt kennen 80 bis 90% der Planenden sie gar nicht. Seiner Meinung nach ist die Norm inhaltlich noch nicht klar genug formuliert.

Recht auf Tageslicht am Arbeitsplatz

Mit der rechtlich verankerten Versorgung von Arbeitsplätzen mit Tageslicht befasst sich Dr. Joseph Weiss vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Durch die Verdichtung innerhalb der bestehenden Büros gibt es immer mehr Arbeitsplätze, die weit entfernt von Fenstern liegen. Die Abschirmung der teils hohen Tische mit akustisch wirksamen Paneelen behindert Blickbezüge zusätzlich.

Lässt sich das fehlende Tageslicht nicht durch eine Kunstlichtergänzung kompensieren, so haben die Arbeitnehmenden Anspruch auf zusätzlich bezahlte Pausenzeiten. Die Seco ist dabei, die neue Tageslichtnorm in die Wegeleitung zum Artikel 15 ArGV 3 (Beleuchtung) zu den Anforderungen an das Tageslicht am Arbeitsplatz zu integrieren. Die Empfehlungen befinden sich derzeit in der internen Vernehmlassung.

Tageslicht als Werkstoff

Einen positiven Ansatz zeigt der Stuttgarter Architekt Juri Troy, der seine Entwürfe aus dem möglichst optimalen Einbezug von Tageslicht in seine Bauten entwickelt. Exemplarisch umgesetzt am «Sunlighthouse» entstand die Form des ganzen Baukörpers aus Überlegungen zu veränderlichen Lichtverhältnissen über den Tag und das Jahr. Fenster in Dachneigungen, speziell ausgerichtete Wandflächen sowie weich zueinander geöffnete Räume erlauben es, Tageslicht durchs Haus fliessen zu lassen, sodass im Normalfall tagsüber kein Kunstlicht gebraucht wird.

Das Tageslicht funktioniert als Werkstoff, der Materialien und Oberflächen zu besonderer Wirkung verhilft. Die Studien, die diesem Vorgehen zugrunde liegen, bedienen sich aller technischen und digitalen Möglichkeiten, die Visualisierungen und Tageslichtlabore wie das der HSLU bieten, und bringt damit die Poesie zurück in die Architektur.

Das nächste Tageslicht-Symposium findet am 21. Juni 2022 statt.

Das Tageslicht-Symposium war ursprünglich für 2020 geplant und musste wegen der Covid-19-Pandemie auf Juni 2021 verschoben werden. Wir nutzen die Zeit, um mit Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen zu sprechen, und publizieren die (Video-) Interviews in einer kurzen Reihe.


Nr. 1: «Tageslichtplanung ist interdisziplinär»
Prof. Björn Schrader, Leiter der Themenplattform licht@hslu, Hochschule Luzern – Technik & Architektur

 


Nr. 2: «Es geht um die Ganzheitlichkeit des Bauens»
Daniel Tschudy, Geschäftsführer Schweizer Licht Gesellschaft SLG

 


Nr. 3: «Tageslicht zu erleben ist ein Menschenrecht»
Andrea Rüedi, Solararchitekt und Baubiologe, Chur

Sur ce sujet