Na­tur­ge­fah­ren im Sied­lung­sraum

Naturgefahren betreffen nicht nur den Alpenraum, mehr als 80 % der Schweizer Gemeinden waren in den letzten Jahrzehnten von Unwettern betroffen. Die durchschnittliche jährliche Schadenssumme ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Eine Trendwende sollen unter anderem die Gefahrenkarten bringen, die voraussichtlich bis Ende 2013 in der ganzen Schweiz vorliegen.

Data di pubblicazione
15-01-2012
Revision
01-09-2015

Wenn die Gefahrenkarten als Planungsgrundlage ernst genommen werden, dürfte sich die planerische Praxis in der Schweiz einschneidend verändern. Mit diesen Aspekten beschäftigten sich Mitarbeitende des Zentrums für Urban Landscape der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sowie des Geografischen Institutes der Universität Zürich im Rahmen des Forschungsprojektes «Naturgefahren im Siedlungsraum». Die wichtigsten Erkenntnisse haben sie nun in Buchform veröffentlicht. Den Projektbeteiligten ging es in erster Linie darum, Strategien auszuloten, die einen kreativen Umgang mit den Naturgefahren ermöglichen. Sie betrachteten die Gefahrenkarten als systematische Grundlage, auf denen weitere Planungen beruhen sollten. Dabei sind sie auf den Widerspruch gestossen, dass gemäss den aktuellen Leitbildern im Naturgefahrenbereich die Gefahrenkarten primär raumplanerisch umgesetzt werden sollten, in der Praxis aber häufig baulich-technische Lösungen im Vordergrund stehen.

Untersuchungen im Linthgebiet

Als Untersuchungsgebiet wählten die Forschenden das Linthgebiet zwischen dem oberen Zürichsee und dem Walensee (Kantone St. Gallen, Schwyz und Glarus). Architekten und Landschaftsarchitektinnen der ZHAW beschäftigten sich mit der Frage, wie topografische Faktoren bei raumplanerischen, städtebaulichen und architektonischen Aufgabe-stellungen neu gewichtet werden können, um die ortsspezifischen ­Gefahrensituationen besser zu berücksichtigen. Das Team des Geografischen Institutes der Universität Zürich analysierte die aktuelle planerische Praxis und ihre Rahmenbe­dingungen. Die Zusammen-arbeit von Architektinnen, Landschaftsarchitekten und Geografen ermöglichte neue Sichtweisen. Grundsätzlich gibt es drei Hauptstrategien, das Risiko zu minimieren: Erste Priorität hat das Meiden von Gefahrenräumen. Weil dies aber nicht immer möglich ist, geht es in zweiter Priorität darum, die Gefahren einzudämmen. Wenn auch das nicht möglich ist und ein Rückbau nicht infrage kommt, müssen in dritter Priorität Lösungen gefunden werden, damit die Gebiete trotz den Gefahren bewohnbar bleiben. Anhand von «Testprojekten» konkretisierten die Forschenden die unterschiedlichen Strategien. Ein Beispiel für das Bewohnen von Gefahrenräumen ist etwa eine Pfahlbautensiedlung in einem Überschwemmungsgebiet beim Walensee. Inwiefern solche Lösungen sinnvoll und machbar sind, muss sich jeweils im konkreten Fall zeigen.

Suche nach kreativen Lösungen

Das Buch bietet einen guten Überblick über die Herausforderungen, die sich bei der Siedlungsentwicklung im Zusammenhang mit Naturgefahren stellen. Strategien und Lösungsmöglichkeiten werden beispielhaft dargestellt. Die Stärke des gewählten und dargestellten Ansatzes ist es, dass man die Naturgefahren bzw. die Gefahrenkarten nicht als Einschränkung, sondern als Rahmen begreift, innerhalb dessen Architekten und Planende kreativ nach neuen Lösungen suchen können.

Angaben zur Publikation


ZHAW Zentrum Urban Landscape / UZH Geografisches Institut (Hg.): Naturgefahren im Siedlungsraum.
Niggli Verlag, Sulgen, 2011, 192 S., 22 × 27 cm
Fr. 38. , ISBN 978-3-7212-0807-8

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