Im Pro­fil der ur­sprüng­li­chen Fas­sa­de

Erneuerung von Charakterbauten

Im Basler Gundeli-Quartier wurde ein Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1911 umfassend und mit dünner Wärmedämmschicht erneuert.

Publikationsdatum
08-01-2016
Revision
08-01-2016
Gregor Steinke
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW

Hinter dem Südausgang des Basler SBB-Bahnhofs verläuft die Güterstrasse schnurgerade durch das Gundeldingerquartier. Die Nähe zum Stadt­zentrum und eine gut ausgebaute Infrastruktur treffen auf den Charme des «Gundeli»-Quartiers, das derzeit stark im Umbruch ist. 

Das Mehrfamilienhaus an der Güterstrasse 81 reiht sich in die innerstädtische Blockrandbebauung ein. Mit einem Umbau, der aufgrund einer Mietfristerstreckung 16 Monate dauerte, wurde die aus dem Jahr 1911 stammende Bausubstanz umfassend erneuert, erweitert und energetisch wesentlich verbessert.

Realisiert wurde die Gesamterneuerung durch das örtliche Baubüro in situ, das von der Eigentümerin, der Pensionskasse CoOpera, im Vorfeld bereits mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie betraut worden war. «Ziel war es, das Haus in seiner Erscheinung zu erhalten», sagt in-­situ-Architekt Oliver Seidel. Dies nicht nur äusserlich, auch die zahlreichen ursprünglichen Details im Innern wollte man bewahren, etwa die mit Holztäfer ausgekleideten Erker, die Eichenparkettböden sowie die Steinzeugfliesen in den Küchen. 

Dünner, wirksamer Putz

Obwohl das Objekt nicht als schützenswert eingestuft ist, wählten Bauherrschaft und Architekt ein behutsames Vorgehen und zogen die Denkmalpflege bei, um die baulichen Massnahmen an der Fassade zu definieren. Von Beginn weg an war klar, dass sich dieses Objekt besonders gut für die Verwendung des Aerogel-Wärmedämmputzes eignet, der kurz vor Projektstart Anfang 2014 auf den Markt gekommen war.

Zwar fehlten breit abgestützte Erfahrungswerte mit dem Hochleistungswärmedämmputz auf mineralischer Basis. Doch die Möglichkeit, eine energetische Gebäudeerneuerung mit der Bewahrung von historischer Substanz zu kombinieren, überzeugte. 

Aus denkmalpflegerischen Über­legungen waren die originalen Sandsteingewände der Fenster zu erhalten. Ein bestehender Randversatz erlaubte das Aufdoppeln mit 2 cm dünner Sandsteinschicht. Die Profilierung der Fassade konnte daher beibehalten werden, insofern die applizierte Schicht aus Aerogel-Wärmedämmputz nur 3 bis 4 cm dick ist. Der Deckputz wurde im Kellenwurf aufgetragen, sodass sich die Charakteristik der neuen Fassade, abge­sehen von der Farbgebung, kaum vom Original unterscheidet. 

Wärmeverluste verringert

Der Wärmeschutz der Gebäudehülle wurde aber nicht nur an der Stras­senfassade, sondern in allen Teilen wesentlich verbessert: durch gut gedämmte Fenster, die Aufdoppelung der Wohnungseingangstüren sowie Wärmedämmmassnahmen bei den Storenkästen, der Kellerdecke, der Hofdurchfahrt und beim Dach.

Die optische Ähnlichkeit des Resultats verbirgt allerdings, wie gross der Einfluss auf die Energiebilanz ist: Dank dem Aerogel-Dämmputz und weiteren Massnahmen verringern sich die Transmissionswärmeverluste um fast zwei Drittel. Das Haus Güterstrasse 81 ist im ­Ursprungszustand und nach der energetischen Erneuerung mit In­frarot-Thermografieaufnahmen analysiert worden. Genauere Zahlen liegen jedoch erst nach der Heiz­periode 2015/2016 vor. 

Die Pilotanwendung des Hochleistungswärmedämmsystems basiert auf einer Förderinitiative des Amts für Umwelt und Energie (AUE) Basel-Stadt, das die Umsetzung der 2000-Watt-Vision in der Pilotregion Basel vorantreiben will. Das Institut Energie am Bau, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), begleitet das kantonale Förderprogramm und die Pilotprojekte wissenschaftlich. 

Grosszügiger Wohnbereich

Teile der Gesamterneuerung waren zudem der Dachgeschossausbau und eine Wohnraumerweiterung. Eine neue vorgelagerte Raumschicht mit einer vollverglasten Holzbaufassade auf der Ebene der alten Balkone verleiht der Hofseite ein neues Gesicht, das sich komplett von jenem der Stras­se zugewandten differenziert. Während die strassenseitigen Zimmer sowie der Flur keine Änderung erfuhren, wurden Bad und WC den heutigen Komfortbedürfnissen angepasst.

Sie sollten dem verfügbaren Wohnraum entsprechend nicht zu gross ausfallen. Das ursprünglich vom Wohnraum her erschlossene, sehr enge Bad ohne WC wurde in ein kompaktes, innenliegendes Bad transformiert. Dadurch konnte der Wohnbereich, der sich über Alt- und Anbau erstreckt, so grosszügig wie möglich belassen werden. Das bisher als Estrich genutzte Dachgeschoss baute man in eine 3-Zimmer-Wohnung aus, die über eine 27 m2 grosse Terrasse zum Innenhof verfügt. 

Die gesamten gebäudetechnischen Anlagen entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Versorgung mit Öl und Gas wurde durch den Anschluss an das Fernwärmenetz der Industriellen Werke Basel ersetzt. 

Der Umbau der Güterstrasse 81 kann wegweisend für vergleichbare Objekte sein. «Weil das Gebäude kein Schutzobjekt ist, war es uns möglich, den neuen Wärmedämmputz mit denkmalpflegerischer Sorgfalt, aber ohne Risiko anzuwenden», resümiert Seidel. Diese Praxiserfahrung will das Architekturbüro nun nutzen und demnächst ein effektiv denkmalgeschütztes Haus mit dem Aerogel-Putz erneuern.

Am Bau Beteiligte


Bauherrschaft
CoOpera Sammelstiftung, Ittigen

 

Architektur
Baubüro in situ, Basel

 

Monitoring
Institut für Energie am Bau, FHNW

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