Max Schlup - Ar­chi­tekt

In einer Schaffensperiode von 50 Jahren entwickelte sich Max Schlup vom Heimatstil-Architekten zu einem überzeugten Vertreter der Moderne. Der Bieler Architekt prägte die Schweizer Architekturszene der Nachkriegszeit massgeblich mit. Eine beim Niggli-Verlag neu erschienene Monografie gibt aufschlussreiche Einblicke in sein vielseitiges Werk.

Publikationsdatum
25-09-2013
Revision
30-10-2015

Mit seiner konsequent modernen Architekturhaltung prägte Max Schlup die Stadt Biel und leistete als Teil der Solothurner Schule einen wichtigen Beitrag zum Schweizer Architekturgeschehen. Die lose Gruppe von Solothurner Architekten, zu der auch Alfons Barth, Hans Zaugg, Franz Füeg und Fritz Haller gehörten, orientierte sich an internationalen Architekturidealen und interessierte sich für moderne Materialien, geometrische Ordnungsprinzipien und industrielles Bauen mit vorgefertigten Bauteilen. Von den genannten Architekten erlangte Max Schlup am meisten Renommee. Trotzdem blieben viele seiner Bauten bis heute unbekannt.

Vielleicht ist es der vom «Machen» geprägte Werdegang, der Schlup zu einer gewissen Bescheidenheit führte. Im Berner Mittelland als Sohn eines Karosseriebauers und Schreiners aufgewachsen, absolvierte er zunächst eine Berufslehre. Anschliessend studierte er am Bieler Technikum, von dem Schlup später sagte, dass man dort keine Architektur lernte, sondern das Bauen. Schlup wirkte am Rand der um ETHZ und EPFL konzentrierten Architekturszenen und realisierte seine Gebäude vorwiegend in Biel und Umgebung. Er liess nur wenige Bauten professionell fotografieren und bemühte sich weniger um Publikationen als andere seiner Zeitgenossen. So sind in der zweisprachigen (d / f) Monografie, die kurz nach seinem Tod im Februar dieses Jahres im Niggli-Verlag erschienen ist, viele Werke zum ersten Mal publiziert. 

Das Buch ist ähnlich sorgfältig gestaltet wie Schlups Architektur. Der leinengebundene Band liegt gut in der Hand, die inhaltliche Struktur ist übersichtlich. Anhand von zehn Beispielen, fünf Essays und einem Interview wird Schlups Werk anschaulich erläutert. Max Schlup war kein grosser Theoretiker, und so verzichtet die Publikation auf einen ausführlichen theoretischen Überbau und stellt stattdessen seine Architektur anhand von Fotos und Plänen dar. Sehr aufschlussreich sind neben Ausführungsplänen und aktuellen Fotos auch die historischen Abbildungen, nicht realisierten Entwurfsvarianten und Vorstudien. 

Nach Gründung seines Büros 1948 war Max Schlup zunächst dem Heimatstil zugetan. Erst die Diskussionen mit den Kollegen der Solothurner Schule ab den 1950er-Jahren sowie Studienreisen nach Deutschland, Frankreich, Finnland und Südamerika brachten ihn zur Moderne. Sein wohl bekanntestes Gebäude ist das 1966 fertiggestellte Kongresshaus in Biel. War das zehn Jahre zuvor eingereichte Wettbewerbsprojekt noch sehr geometrisch, so zeigen die nach seiner Brasilienreise gefertigten Entwurfspläne eine markante Wendung. Offensichtlich beeinflusst von Oscar Niemeyer nahm der Entwurf für das Kongresshaus eine expressive Gestalt an. Das städtebauliche Konglomerat aus Konzertsaal, Hallenschwimmbad und Hochhaus entwickelte sich zu einem modernen Wahrzeichen der Stadt Biel und blieb mit seiner expressiven Form eine Ausnahme in Schlups Werk. Bei den späteren Bauten fand der Architekt zurück zu einer einfacheren, reduzierteren Architektursprache.

Ein weiteres zentrales Thema war die Einbettung der Gebäude in die Umgebung, wie die 1976 fertiggestellte Grosssporthalle «End der Welt» in Magglingen eindrücklich zeigt. Die lang gezogene Halle ruht auf dem breiten Rücken der Jurakette und holt mit ihren transparenten Glasfassaden den auf drei Seiten liegenden Wald nach innen. Die filigrane Tragkonstruktion wird hier – ähnlich wie bei dem 1979–1981 fertiggestellten Bieler Gymnasium Strandboden mit seiner sehr dünnen Vorhangfassade – auf das Notwendige reduziert. Bei beiden Bauten beweist Schlup seine Vorliebe für technische Perfektion und geometrische Grundrissraster, die er nicht als Zwang verwendet, sondern als grundlegendes, im Ausbau flexibles Prinzip. 

Das Buch thematisiert auch den Umgang mit Schlups Bauten. Mittlerweile sind einige seiner Werke im Bauinventar des Kantons Bern als schützenswert eingetragen, das Kongresshaus steht seit 2002 unter Schutz. Andere Bauten leiden unter nachträglichen Veränderungen. So ist die ursprünglich frei stehende Sporthalle Magglingen heute teilweise durch Tannen eingewachsen, beim Kirchgemeindehaus Farel und beim Kongresshaus wurden für das Verständnis der Architektur wichtige Kunstwerke entfernt. Im Fall des Gymnasiums Strandboden hat der Streit der letzten Jahre um eine angemessene Sanierung gezeigt, wie wichtig es aus denkmalpflegerischer Sicht ist, sich möglichst bald und verbindlich mit der Architektur der 1960er- und 1970er-Jahre zu beschäftigen. 

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