Stadt aus Holz V
Editorial
Provisorien hat es schon immer gegeben. Weil temporäre Nutzung aber stets eine Übergangslösung bedeutet, wird ihrer Architektur im Vergleich zu permanenten Bauten städtebaulich weniger Bedeutung beigemessen. Doch im Zusammenhang mit dem dichter werdenden Lebensraum erhält der in der Vergangenheit eher als Randphänomen verortete Begriff «provisorisch» neue Bedeutung. Für Asylbauten, Schulhäuser oder Wohnüberbauungen werden oft Nischen im Stadtraum genutzt – Flächen an der Autobahn, an Bahngleisen, auf Pausenplätzen oder in der Agglomeration. Teure Wohnungen gibt es heute genug, derweil steigt die Nachfrage nach günstigem, einfachem Wohn- und Arbeitsraum.
Holzmodul- und Elementbau ist ideal dafür; digitale Methoden in Planung, Vorfertigung und Baustellenlogistik verkürzen die Bauzeit und senken die Kosten. Auch der Innenausbau kann den Nutzerfinanzen angepasst werden: Aufputzleitungen, offene Installationen, Küchen ohne Spülmaschinen, kleine Zimmer, rohe Holzwände, dafür grosse Gemeinschaftszonen. Nebenbei wird ein Lebensgefühl mitgeliefert – mehr Gemeinschaft von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Entfaltungsmöglichkeiten. Wie sich die Konstellation aus Studierenden, Asylsuchenden, Migranten, Leuten mit wenig Geld, Kreativen mit Ateliers oder Kleingewerblern bewährt, wird die Zukunft zeigen.
Viele dieser Bauten stehen in Reserve- oder Entwicklungszonen und sind 10 bis 20 Jahre nutzbar. Das ist eine passable Zeit – gerade heute, wo manche als «permanent» verkaufte Siedlung nach wenigen Jahrzehnten wieder abgerissen wird. Das Nachhaltigkeitsargument ist aber – trotz den niedrigen Kosten – bei der kürzeren Nutzungsdauer nur dann einlösbar, wenn eine Nachnutzung mit eingeplant ist. Kriterien wie Stabilität, Holzqualität, Anschlüsse und Transportierbarkeit entscheiden darüber, ob sich ein Umzug lohnt. Aktuelle Beispiele zeigen, dass Holzmodule wiederverwendbar sind. Das erspart Baumüll oder Recycling.
Die Chance des Holzbaus liegt darin, bei permanenten wie bei provisorischen Bauten, mit Standardisierung und Vorfabrikation städtische Architektur für die Zukunft zu schaffen.
Das Projekt «Stadt aus Holz» im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU umfasst unsere Sonderpublikationen und die Veranstaltungsreihe von Wüest Partner sowie Führungen, die Lignum Holzwirtschaft Schweiz zu relevanten Holzbauten im In- und Ausland organisiert.
In den kommenden zwei Jahren werden wir Fragen zum Holzbau systematisch nachgehen. Alle Aktivitäten werden laufend zusammen mit unseren Publikationen auf espazium.ch/holzbau veröffentlicht. In diesem digitalen Dossier sind – neben vielen weiteren Beiträgen zum Thema Holz – auch die früheren Sonderpublikationen «Stadt aus Holz» zu finden. Darin untersuchten wir die Zusammenhänge von Holzbau und Umwelt (Stadt aus Holz I – «Neue Weg beschreiten»), die überarbeiteten Brandschutzvorschriften (Stadt aus Holz II – «Der Einsatz von Holz ist einfacher geworden»), Holz im Kontext der Megatrends (Stadt aus Holz III – «Megatrends als treibende Kräfte») und kommerzielle Fragen bei Grossüberbauungen (Stadt aus Holz IV – «Handwerklich und rentabel»).
Publikationen:
espazium.ch/holzbauVeranstaltungen:
www.wuestpartner.com/ueber-uns/stadt-aus-holzFührungen:
www.lignum.ch/aspects
Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft «Stadt aus Holz – Module, Elemente, Partizipation, BIM und Provisorien». Weitere Artikel zum Thema Holz finden Sie in unserem digitalen Dossier.