Fein­glied­ri­ge Vor­stadt­rei­he

Siedlung Stockmattstrasse Baden

EMI Architekt*innen bauten zwölf Reiheneinfamilienhäuser in Holzrahmenbauweise und Beton. Die turmartige, feingliedrige und prägnante Gestalt fügt sich gut in das heterogene Quartier am Stadtrand Badens ein.

Publikationsdatum
17-10-2024

Innenstädte werden zurzeit stark verdichtet und der Spielraum für weitere Massnahmen wird in wenigen Jahren begrenzt sein. Umso mehr müssen zukünftig auch Quartiere am Stadtrand in die Entwicklung eingebunden werden. Wie sich diese Umgestaltung von jenen in innerstädtischen Gebieten unterscheidet, wird gerade zum Thema. EMI Architekt*innen haben für die Genossenschaft Lägern, die älteste und grösste im Aargau, eine mögliche Antwort gegeben. 

Die Reihenhäuser stehen am Stadtrand von Baden. Kompakt und mit kleinen Windfängen, Vorgärten und Dachterrassen gliedert sich die Zeile in die heterogene, aber nicht anonyme, sondern vielmehr lebendige Umgebung mit Einfamilien- und einigen Mehrfamilienhäusern ein. Der knappe Raum – die drei Geschosse sind eine Vorgabe des Gestaltungsplans – sollte möglichst gut genutzt werden. 

Die Architekten setzten diese Aufgabe mit einem Akzent auf die Höhenentwicklung in Split-Leveln um. Dabei loteten sie auch mit der Breite der Häuser von 3.75 m subtil die Grenze des Sinnvollen aus. Doch nicht nur der Raum musste genauestens austariert werden, sondern auch die Einhaltung der Baukosten von 2500 CHF/m2. Die Häuser entstanden in der Zeit der Baukostenverteuerung, entsprechend gross war neben dem schmalen Budget der Kostendruck. «Das ist eines unserer günstigsten Projekte», bestätigt Christian Inderbitzin von EMI Architekt*innen.

Beinahe Tokio-Paris 

Das hinderte die Architekten nicht daran, elegante Details einzubringen, darunter die Holzgriffe der Küchenelemente, die glänzend schwarz an Lackarbeiten von Eileen Gray erinnern – eine Technik, die die Architektin und Designerin in Japan erlernt hatte. Obschon es sich um Häuser in der Agglomeration von Baden handelt, zeichnet sich die Referenz asiatischer Wohnbauten auch an der Fassade ab. 

Verglichen mit einem herkömmlichen Holzbau haben die Fenster durch die tiefen Brüstungen eine leichte Übergrösse. Einige der Flügel kann man kippen, andere lassen sich drehen. Die Fensterrahmen, Jalousien und Eingänge leuchten rot aus dem matt vorvergrauten Holz der fein gegliederten und leicht wirkenden Fassade hervor. 

Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft «Stadt aus Holz – Wohnbauten in Holz, nachhaltig finanziert». Weitere Artikel zum Thema Holzbau finden Sie in unserem digitalen Dossier.

Zuoberst dann wechselt das Bild: Hier säumt eine bemerkenswerte Dachfigur, eine Art steiles, an Paris erinnerndes Mansardendach mit ebenfalls fein gefalztem Blech die Reihe. Die Traufe grenzt den Aufbau von den Etagen darunter ab und gliedert auch im Innern die letzten eineinhalb Geschosse. Die Feingliedrigkeit und Leichtigkeit zeichnet den ganzen Bau aus und verbindet die Referenzen zu einem Ganzen.

Holz in Beton

Das Untergeschoss und die Wohnungstrennwände sind betoniert. Bei Letzteren handelt es sich um 9 m hohe Scheiben mit Konsolen, auf denen die Holzdecken aufliegen. «Wir haben das Prinzip von Wand und Deckenfügung umgekehrt. Normalerweise liegt die Decke auf der Wand und dann wird die nächste Wand darüber erstellt», erklärt Christian Inderbitzin. Insgesamt verfügen alle Einheiten auf 130 m2 über fünf Zimmer und einen Keller. Auf den Split-Level-Etagen befinden sich jeweils nach einem halben Treppenlauf die Zimmer und die drei im Haus verteilten Nasszellen. 

Der Höhenausgleich der versetzten Etagen schafft eine überhohe Küche und einen Dachraum. Wie im Holzrahmenbau häufig praktiziert, steigen die Leitungen ohne horizontale Verteilung. Obwohl Systemtrennung und Sortenreinheit keine Vorgaben der Genossenschaft waren, sind alle Rohre auf dem Holzwerk und dem Beton sichtbar verlegt und auch die Heizkörper sind direkt vor den Wänden angebracht.

Steigt man die Treppe hoch, sieht man von jedem Podest aus in einen Ausschnitt des nächsthöheren Raums mit hellgrau gestrichenen Balkendecken. Zuoberst, vor der Terrasse spannt sich das Mansardendach über die Treppe. Draussen sieht man über die umliegenden Dächer, den nahen Waldrand und hinüber zu den Lägern. Für junge Familien sind die Reihenhäuser, trotz Treppe, eine Option zu Etagenwohnungen – und schon fast so etwas wie ein Einfamilienhaus. Ästhetisch sind sie eine fein balancierte Collage aus kulturellen Elementen. Sie fügen sich in das baulich vielfältige Quartier mit Häusern in unterschiedlichen Bauweisen und Volumen sowie mit variantenreichen Dekorationselementen ein – und verkörpern eine Möglichkeit zum Umgang mit Quartieren am Stadtrand. 

Am Bau Beteiligte


Bauherrschaft: Lägern Wohnen, Baden

Architektur und Landschaft: EMI Architekt*innen, Zürich

Statik: wlw Bauingenieure, Zürich

Holzbau: Hector Egger, Langenthal

Statik Holzbau: Pirmin Jung (Schweiz), Sursee

Gebäudetechnik: Lippuner-EMT, Grabs

Elektroplanung: Gutknecht Elektroplanung, Au

Bauphysik: Wichser Akustik & Bauphysik, Zürich

 

Gebäude


Volumen (SIA 416): 7838 m3 

Nettogeschossfläche: 1791.81 m2 

Label: Minergie Standard (nicht zertifiziert)

 

Holz und Konstruktion


Konstruktion: Holz und Beton

Konstruktionsholz: Fichte/Tanne (Schweiz)

Fassadenfläche in Holz: 770 m2, 65 m2 
(Blechverkleidung Attika)

Elemente Decken und Dach: 90 Stk. 

Holzmenge: (ohne Fassade, Pergola & Vorsatzschale innen) 157 m3; OSB, DSP: 83 m3 

Brettsperrholz: Eingang und Zwischenböden, 104 m2; DSP: 1712 m2

 

Daten und Kosten


Bauzeit: 2021–2023

Aufrichten Module:  September–November 2022

Produktion Module: Juni–Juli 2022

Erstellungskosten (BKP 1–9): 8.07 Mio. CHF inkl. MwSt

Montagebau Holz (BKP 214): 1.54 Mio. CHF

Rohbau (Tragwerk + Innenwände inkl. Werkplanung): ca. 1 Mio. CHF
 

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