Ein zweites Le­ben für die KA-WE-DE

Studienauftrag für Generalplanerteams im selektiven Verfahren, Erneuerung KaWeDe

Die Sportanlage KaWeDe, Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli in Bern, bleibt nach längerem Gezerre der Lokalpolitik erhalten. Den ­Studien­wettbewerb zur umfassenden Sanierung der denkmalgeschützten Anlage konnten Kast Kaeppeli Architekten für sich entscheiden.

Date de publication
26-03-2020

Um Vorschläge für die Erneuerung der KaWeDe in Bern zu erhalten, führte Hochbau Stadt Bern einen öffentlich ausgeschriebenen einstufigen Wettbewerb für sechs Generalplanerteams gemäss der Ordnung für Architektur- und Ingenieurstudienaufträge SIA 143 (2009) im selektiven Verfahren durch. Gewinner dieses Studien­wettbewerbs für die Kunsteisbahn und das Wellenbad Dählhölzli ist das Projekt von Kast Kaeppeli Ar­chitekten (Bern/Basel), das der in die Jahre gekommenen Anlage von 1932/1933 ein zweites Leben verspricht. Eine «Herzensangelegenheit» der stadtbernischen Bevölkerung, so die Bildungsdirektorin der Stadt Bern, Franziska Teuscher, findet so eine glückliche Lösung.

Das heute denkmalgeschützte Ensemble wurde durch die Architekten Rudolf von Sinner und Hanns Beyeler als erste moderne kombinierte Sportanlage in Bern realisiert. Als reine Kunsteisbahn geplant, wurde die KaWeDe aus Rendite­überlegungen noch während der Planungsphase um ein Wellenbad erweitert. Zusätzlich wagte man den Versuch, die Eispiste mit einer Betonbrüstung zu umgeben, um sie im Sommer in ein grosses Nichtschwim­merbecken umwandeln zu können. Die überlagerte Nutzung von Kunst­eisbahn und Schwimmbecken war damals einzigartig.1 Vorbild war die 1931 in Zürich gebaute Anlage Dolder, ein kombiniertes Wellenbad mit Kunsteisbahn. Die Fläche der Anlage in Zürich ist 1,5-mal so gross wie bei jener in Bern; Schwimmbe­cken und Eisbahn liegen im Dolder ne­ben­einander, eine Sommer-Winter-­Doppelnutzung gibt es dort nicht.

Heute ist die KaWeDe nebst dem Hallenbad «Muubeeri» an der Maulbeerstrasse im Stadtzentrum, das von denselben Architekten geplant wurde, ein baukulturell wertvoller Zeitzeuge der Moderne. Zwar wurden der Tribünentrakt und die Eisbahn während der 1980er-Jahre abgebrochen und durch neue Garderoben und eine um ein Fünftel grössere Kunsteis- und Wasserfläche ersetzt, doch das Originalkonzept blieb weitgehend erhalten. Die 1979 und 2010 gestarteten politischen Versuche der Stadt, die KaWeDe umzunutzen oder zu veräussern, verpufften angesichts heftiger Proteste aus der Bevölkerung.

Sanierung mit Respekt vor dem Bestand

Die Ausschreibung und das Programm für die Sanierung des Schutz­objekts KaWeDe forderten grössten Respekt aus bautechnischer Sicht. Gleichzeitig strebte man nach optimierten Betriebsabläufen, reduziertem Energieverbrauch, erhöhter Attraktivität für die Gäste und Anpassung an heutige Anforderungen und gesetzliche Vorgaben. Dies alles, um das grundlegende Konzept eines Familienbads zu erhalten.

Laut Ausschreibung war die Anlage denkmalgerecht zu sanieren, die haustechnischen Anlagen waren zu erneuern, das Wellenbad sorgfältig zu renovieren und instand zu setzen. Die Kunsteis- und Wassertechnik bedurfte der Anpassung an heutige Standards, es galt Lösungen zu finden, die das Wellenbad auch künf­tig erlebbar machen. Umgebungsbauwerke und -flächen waren an die neuen Wasserbecken und Kunsteisflächen anzupassen und gleichzeitig zu erneuern. Und die ganze Anlage musste neu möglichst hindernisfrei ausgestaltet sein.

Breites Ideenspektrum

Das vom Sportamt erarbeitete Betriebskonzept für die KaWeDe geht im Sommer von einem öffentlichen Bade- und Schwimmbetrieb inklusive Wellenbad aus, im Winter von öffentlichem Eislauf, Eiskunstlauf, Eisstockschiessen und einfachem Eishockey für Kinder und Schulen. Die Reduktion der Eisfläche um etwa ein Drittel gibt zusätzlichen Platz frei, der im Winter für andere auf Sport ausgerichtete Aktivitäten genutzt werden kann. Für den Sommer ist dieser Bereich als Wasserfläche für Kleinkinder und Nichtschwimmende sowie für verschiedene sportliche Nutzungen von Familien mit Kindern und als Spiel- und Liege­fläche vorgesehen. Das in den 1980er-­Jahren realisierte Garderobenge­bäude wird einer neuen Nutzung zugeführt. Ein breites Ideen­spek­t­rum soll die heutige Anlage möglichst nutzungsflexibel ergänzen und für verschiedene Nutzergruppen im ­Hinblick auf sportliche Aktivitäten attraktiv machen, so ist es in der Ausschreibung festgehalten.

Auswahl aus sehr unterschiedlichen Vorschlägen

Die Jury hatte die Wahl aus sechs eingereichten Projekten mit sehr unterschiedlich konzipierten Lösungsvorschlägen. So liessen sich der Umgang mit der denkmalgeschützten Anlage, das architektonische, technische und betriebliche Konzept sowie die Qualitäten der Aussenräume im Blick auf Wirtschaftlichkeit und Ökologie differenziert vergleichen. Das Angebot des Siegerprojekts für die Sommer- und Winternutzung erfüllt in hohem Mass die Projektziele, ist attraktiv gestaltet und verspricht eine grosse Akzeptanz im Quartier, so die Jury.

Die vorgeschlagene Lösung von Kast Kaeppeli Architekten werde als wertvoller Beitrag für die Er­neuerung und Aufwertung der kombinierten Sportanlage für Eissport und Freibad den anspruchsvollen Rahmenbedingungen des Denkmals von nationaler Bedeutung gerecht, und die betrieblichen Anforderungen seien überzeugend gelöst, so der Jurybericht. Mit diesem Projekt werde nebst der angestrebten Gesamt­sanierung auch ein Mehrwert für die verschiedenen Nutzergruppen geschaffen und der Anspruch nach einem nachhaltigen Umbau des Bestands erfüllt.

Die Architektur respektieren und Neues einfügen

Kast Kaeppeli Architekten leiten ihre Erläuterungen zum Entwurf mit einem detaillierten und gut recherchierten Bericht über die baugeschichtliche und architektonische Bedeutung der Sportanlage ein. Dies gilt sowohl für den Gründerbau aus der Zwischenkriegszeit als auch für die Erweiterung aus den 1980er-­Jahren. Der Bestand wird respektiert, sein Konzept punktuell wei­tergestrickt. Der Bau aus den 1930er-Jahren wird nach denkmalpflegerischen Grundsätzen sanft saniert. Hervorzuheben, so die Jury, ist die funktional gut organisierte Eingangssituation, bei der der original Zugang samt Kassenschalter erhalten bleibt.

Da heutzutage weniger Garderoben benötigt werden als früher, lassen sich beim entsprechenden Anbau aus den 1980er-­Jahren frei werdende Räume als Aufenthaltsflächen nutzen. Ein Teil der Garderoben wird inskünftig zum Mehrzweckraum umfunktioniert, und im Erdgeschoss wird die Aussenwand zum Bad hin verschoben, um Platz für Holzpritschen als Liegeflächen zu gewinnen. Eine neue, grosszügige und gut sichtbare Aussentreppe erschliesst das Obergeschoss besser und aktiviert es, indes fehlen hier gemäss Jury noch attraktivitätssteigernde Massnahmen.

Schwerpunkt des Vorschlags für die Becken ist der Erhalt des Wellenbads und das Entflechten der verschiedenen Wasserattraktionen. Das Siegerprojekt bietet als einziges eine Verbindung zum Wellenbad für Rollstuhlfahrende an. Um das Wellenbad zu entlasten, schlagen die Architekten anstelle des bestehenden Nichtschwimmerbeckens ein Mehrzweckbecken mit Nichtschwimmer-, Schwimmer- und Sprungbereich vor. Bei der Winternutzung ist die Zweiteilung der ­Eisfläche aus betrieblicher Sicht willkommen, in der vorgeschlagenen Form ginge sie aber einher mit dem Verlust der grossen zusammenhängenden Fläche.

Insgesamt vermag das Projekt durch die Nutzungsvielfalt im Sommer und die Beibehaltung einer attraktiven Winternutzung zu überzeugen, betont die Jury. Der Charakter der ­Anlage ist gewahrt, und das Baudenkmal wird behutsam erneuert. Auch Stadtbaumeister Thomas Pfluger äusserte sich anlässlich der Präsentation des Projekts anerkennend: «Es ist ein Projekt, das mit nur wenigen Eingriffen in einer sehr beliebte Freizeit- und Sportanlage eine grosse Wirkung erzielt, ein Projekt, dem der Spagat zwischen Baudenkmal und heutigen Anforderungen auf vorzügliche Weise gelingt.»

Anmerkungen:
1 Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli (KaWeDe), Nutzungsstudie (Schlussbericht November 2011). Autor: Ernst Niklaus Fausch, Arch. ETH/SIA. Hrsg. Stadtbeuten Bern

Weitere Pläne und Visualisierungen zum Wettbewerb finden sich auf competitions.espazium.ch

Licht, Luft und Sonne

Während der 1930er-Jahre entstanden in der Schweiz in kurzer Folge ver­schiedenste Bade- und Sportanlagen, Spital- und Sanatoriumsbauten. Zahlreiche Städte bauten öffentliche Frei- und Hallenbäder – auch Bern. Das Motto der neuen Sportbewegung fand sein Pendant in der Formel «Licht, Luft und Sonne» als Aufbruch zu einer neuen, von mehr funktionalen Kriterien geprägten Architektur- und Städtebaukultur.

Die KaWeDe ist ein einmaliges architektonisches Gesamtkunstwerk von höchster Qualität und gehört zum kulturellen Erbe Berns. Sie ist ein typisch bernischer Beitrag zum Neuen Bauen und gleichzeitig Teil eines städtebaulichen Ensembles mit verschiedenen Zeugen aus den 1930er-Jahren. Die Anlage war nicht wie anderenorts das Projekt ihrer Gemeinde, sondern eines privaten Konsortiums unter Leitung des Architekten und Leistungssportlers Hanns Beyeler.

Bauten aus der Zeit des Neuen Bauens sind in Bern nicht häufig, es finden sich darunter aber einige bekannte und hervorragende Beispiele wie die ­benachbarte Wohnanlage Silvahof oder das städtische Hallenbad, beide ebenfalls von Beyeler und von Sinner, die ­Salvisberg-Bauten Loryspital, Säuglingsspital und Suva-Haus, das Meerhaus von Hans Weiss oder das Naturhisto­rische Museum von Krebs und Müller. Der KaWeDe gebührt in dieser Aufzählung ein prominenter Platz – nicht nur aufgrund ihres starken und zeittypischen architektonischen Auftritts, sondern auch als Zeugin des technischen Innovationsgeists jener Zeit. (Charles von Büren, gekürzter Auszug aus Erläuterungen
des Vereins Freunde der KaWeDe)

 

Antrag zur Weiterbearbeitung

Team Kast Kaeppeli, Bern / Basel
Kast Kaeppeli Architekten, Bern / Basel; égü Landschaftsarchitekten, Zürich; Schnetzer Puskas Ingenieure, Bern; Bertozzi Energieplanung, Winterthur; Varrin & Müller Ingenieure, Bern; Beck Schwimmbadbau, Winterthur; H PLUS S, Ittigen; Stephan Steger, Kunsthistoriker, Zürich

Weitere Projekte

Team Architekturgmbh, Nidau
Architekturgmbh hartmann schüpbach gysin, Nidau; David & von Arx Landschaftsarchitektur, Solothurn; Schmid & Pletscher, Nidau; Amstein + Walthert Bern, Bern; Kannewischer Group Bern, Bern
Team GFA Gruppe für Architektur, Zürich
GFA Gruppe für Architektur, Zürich; Andreas Geser, Zürich; Basler & Hofmann, Zürich; RMB Engineering, Zürich; Enerpeak, Dübendorf; Leplan, Winterthur; Kannewischer Management, Zug; b + p Baurealisation, Zürich; Planbar, Zürich; Christoph Schläppi, Architekturhistoriker, Bern
Team phalt Architekten, Zürich
ARGE phalt Architekten / Winnewisser Baumanagement; Phalt Architekten, Zürich und Solothurn; Ganz Landschaftsarchitekten, Zürich; Schnetzer Puskas Ingenieure, Bern; Enerconom Ingenieure für Gebäudetechnik, Bern; Leplan Ingenieurbüro für Kältetechnik, Luzern; Kannewischer Ingenieurbüro für Badewassertechnik, Cham; Winnewisser Baumanagement, Bern
Team Suter + Partner Architekten, Bern
Suter + Partner, Architekten, Bern; w + s Landschaftsarchitekten, Solothurn; Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure, Zürich; Bertozzi Energieplanung, Winterthur; R + B Engeneering, Bern; Bertozzi Energieplanung, Winterthur, mit Beck Schwimmbadbau, Winterthur
Team Trachsel Zeltner Architekten, Thun, mit Joliat Suter, Biel
ARGE Trachsel Zeltner Architekten, Thun (GPL, Gesamtleitung) / Joliat Suter Architekten, Biel (Gestaltung); extrã Landschaftsarchitekten, Bern; Theiler Ingenieure, Thun; Kannewischer ­Ingenieurbüro, Bern; ­Varrin & ­Müller Ingenieure, Bern; ARGE Amstein + Walthert, Bern /
Kannewischer Ingenieurbüro Bern, Bern; Farb am Bau, Barbara Schwärzler, Biel

FachJury

Thomas Pfluger (Vorsitz), Architekt, Stadtbaumeister, Hochbau Stadt Bern; Ursina Fausch, Architektin, Zürich; Roger Weber, Architekt, Zürich; Pascale Bellorini, Architektin, Bern; Simone Hänggi, Landschaftsarchitektin, Bern; Heinrich Sauter, Architekt, Bereichsleiter, Hochbau Stadt Bern (Ersatz)

SachJury

Christian Bigler, Leiter Sportamt Stadt Bern; Philipp Luginbühl, Fachspezialist Sportanlagen Sportamt Stadt Bern; Renate Rolli, Sommaruga Bereichsleiterin Immobilienmanagement Verwaltungsvermögen, Immobilien Stadt Bern; Roland Meier, Portfoliomanagement Immobilien Stadt Bern (Ersatz)

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