Ei­ne heis­se Vor­span­nung

Formgedächtnislegierung auf Eisenbasis

Eine an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa entwickelte, neuartige Formgedächtnislegierung wird mittlerweile industriell produziert und zur Bauwerksverstärkung erfolgreich verwendet. Die unkomplizierte Montage verspricht ein weites Einsatzgebiet.

Data di pubblicazione
06-09-2018
Revision
11-09-2018

Die herausragende Eigenschaft der auf Eisenbasis hergestellten Formgedächtnislegierung (FGL, engl. Shape Memory Alloy, SMA) ist ihr Erinnerungsvermögen: Wird das Material bei Umgebungstemperatur gedehnt, kehrt es nach kurzzeitigem Erhitzen auf 150 bis 200 °C und erneutem ­Abkühlen auf Raumtemperatur in seine Ausgangsform zurück. Das Formgedächtnis wird also durch die Er­wärmung aktiviert. Bei einer Verhinderung der Rückverformung –  etwa durch Montage an einem Bauteil – entsteht eine Zugspannung von etwa 300 N/mm2 im Querschnitt der Legierung, die als Vorspannung positiv auf das Bauwerk wirken kann. Das Material wird mittlerweile lamellen- oder stabförmig industriell hergestellt (vgl. Kasten unten).

Einsatzbereiche

Die Formgedächtnislegierung eignet sich bestens im Bereich der Bauwerksinstandsetzung, insbesonde­re zur Biege- und Schubverstärkung sowie zur Umwicklung von Betonbauten. Sowohl im Hochbau als auch bei Kunstbauten – etwa bei Fahrbahn­platten von Brücken oder vorgespannten Schubbewehrungen – erlaubt das neuartige Verfahren, einfach und effizient Vorspannung in die Bauwerke einzubringen.

Einfacher Einbau

Eine Installation gestaltet sich unkompliziert. Im Gegensatz zu konventionellen Vorspannungen ist kein Hydraulikzylinder zum Vorspannen nötig, da das Material dies durch die Hitzezufuhr und dem daraus resultierenden Formgedächtniseffekt selbst übernimmt. Beim Einsatz von  lamellenförmigem Material, das mit Profilblechnägeln befestigt wird, kann im Gegensatz zu Klebearmierungen eine besondere Ober­flä­chen­behandlung oder das Mischen eines Epoxid­harzes entfallen.

Besonders bei Stahlbrücken unter zyklischer Beanspruchung ­können aufgrund von Ermüdungserscheinungen Rissbildungen auf­treten. In diesem Fall werden die Lamellen der Formgedächtnislegierung nicht durch eine Direktbefestigung mit dem Bauwerk verbunden, sondern mit einem speziellen Sika-Epoxidharz an beiden Lamellenenden verklebt. Diese Methode hat den Vorteil, durch das Vorspannen den Spannungszustand im Stahluntergrund positiv zu beeinflussen, ohne dabei neue Angriffspunkte für Ermüdung in der Verankerung hervorzurufen.

Eigenschaften

Neben dem Vorspanneffekt sind beim «memory-steel», dessen Korrosionseigenschaften mit denen eines Top12-Stahls vergleichbar sind, besonders seine hohe Duktilität mit Bruchdehnungen von über 30 % bei Zugfestigkeiten von 850 bis 1000 N/mm2 hervorzuheben. Dadurch eignet sich das Material sehr gut für seismische Verstärkungen.

Auch beim Brandschutz ergeben sich Vorteile: Im Gegensatz etwa zu CFK-Lamellen, die durch die tiefe Glasübergangs­temperatur des Epoxidharzes und das daraus resultierende vorzeitige Delaminieren beim Brand besondere Schutzmassnahmen benötigen, kann der Brandschutz der Formgedächtnis­legierung deutlich reduziert werden.

In der Praxis kombiniert man oft Lamellen aus CFK und «memory-steel». Dienen Erstere dabei einer Erhöhung der Bruchlast, vergrössern Letztere die Gebrauchstaug­lichkeit. In einem solchen Fall ist die Brandsicherheit nur für den «memory-steel» notwendig. Entsprechend kann dies eine wirtschaftlich interessante Kombination darstellen.


re-plate und re-bar

«re-bar»-Stäbe als Platten­verstärkung eingeschlitzt in zemen­tö­sem Mörtel.Die Formgedächtnislegierung wird in Form von Lamellen (re-plate) oder gerippten Stäben (re-bar) eingesetzt. Bei beiden Varianten erfolgt die Vordehnung im Werk, sodass sie einsatzbereit auf die Baustelle geliefert werden.

Die Lamellen werden mittels einer Hilti-Direktmontage in Form von Profilblechnägeln an beiden Enden an das zu verstärkende Bauwerk befestigt und anschliessend durch Hitzezufuhr aktiviert. Die Lamellen agieren somit als vorgespanntes externes Zugband.

«re-bar»-Stäbe als Schub­­ver­stärkung im Spritzbeton.Die Rippenstäbe können in zwei Varianten eingesetzt werden:
1. Die Stäbe werden in einen vorgängig im Bauwerk applizierten Schlitz eingelegt, der anschliessend mit einem zementösen Mörtel verfüllt wird.
2. Alternativ können die Stäbe auf einer aufgerauten Betonoberfläche befestigt werden und mit einer vollflächigen Spritzbetonschicht überzogen werden. Alle Reprofilier-, Verguss- oder Spritzmörtel werden in Kooperation mit Sika im System geprüft Nach Aushärtung der Mörtel erfolgt die Akti­­­­vierung der Formgedächtniseffekts mittels Erhitzung durch eine Infrarot­heizung oder durch eine Stromzufuhr (Widerstandsheizen).

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