Abgeduscht
Während meines Studiums liebte ich die Hochschulbibliothek: Monografien, Handbücher und Architekturzeitschriften à discrétion. Speziell interessant war die in deutschen Magazinen häufige Rubrik mit hässlichen Details oder unglaublichen Baufehlern. Beim Ansehen überkam mich ein wohliges Gruseln und der Gedanke: «Was haben sich die Planer bloss dabei gedacht?», stets gefolgt von einem «Mir wird so etwas nie passieren».
Seit ich in der Schweiz lebe, sind diese Momente rar geworden. Die Fremdschäm-Kolumne ist in hiesigen Publikationen nicht verbreitet. Zu eng das Land – man kennt sich –, zu rar das Futter. Umso erfreuter war ich also, als ich kürzlich in einer frisch umgebauten Wohnung im Schweizer Mittelland dieses schöne Badezimmerdetail entdeckte: Der Waschtisch ragt deutlich in den Duschbereich, die tägliche Flutung ist kaum zu verhindern. Ein Planungsfehler? Die eigenwillige Variante einer «Wellness-Oase»?
So oder so – die Qualität des Schweizer Bauschaffens steht nicht auf dem Spiel, noch dürfen wir keine neue Kolumne einführen. Denn langwierige Recherchen haben ergeben: Für den Innenausbau zeichnete eine polnische Firma verantwortlich. Aus Leserinnensicht muss ich fast sagen: leider.