Sta­hl, Be­ton und Holz - ge­mein­sam stark

Mittels Hybridbau lassen sich bisher nicht genutzte oder nicht bekannte Synergiepotenziale auslösen, die zu einem Mehrwert führen. Dies war das Credo der Tagung Hybridbau vom 4. Juni an der ETH Zürich.

Data di pubblicazione
14-06-2013
Revision
17-10-2018

In Bezug auf das Verhältnis der Baustoffe Holz und Stahl bringt es Evelyn Frisch vom Stahlbau Zentrum in Zürich auf den Punkt: «So unterschiedlich Stahl und Holz als Materialien sind, so komplementär verhalten sie sich im Verbund. Gerade diese Unterschiedlichkeit macht die Stärke der Kombination Stahl/ Holz aus. Während Stahl mit schlanken Tragelementen grosse Spannweiten überbrückt und wirtschaftliche Verbindungen schafft, wirkt Holz in der Fläche als Decke und spielt hier seine Vorteile aus. Mit der Kombination beider Bauweisen sind die Schwachstellen der jeweiligen andern aus dem Wege geschafft.»1

Leichtgewichte für hohe Leistung

Allerdings geht es beim Hybridbau um mehr als das Ausmerzen von Schwachstellen. Es geht vielmehr darum, die Effizienz zu steigern, bei verhältnismässig geringem Gewicht der gesamten Baustruktur die beste Leistung zu erreichen. Die dafür eingesetzten Materialkombinationen wie Stahl und Beton oder Holz und Beton sind seit Jahrzehnten bekannt. Doch bedeutet dies nicht, dass hier ein Potenzial zur weiteren Entwicklung fehlen würde. Ganz im Gegenteil – die Suche nach noch mehr Effizienz bei geringem Materialverbrauch und kleinem Eigengewicht ist im Gang und führt zu immer neuen und leistungsfähigeren Systemen. Ganz besonders beim Holzbau führen Verbundbausysteme und Verbundwerkstoffe zu leichten, im Werk vorgefertigten Bauelementen – die Baustellen werden so zu eigentlichen Montageplätzen.

Der durch das BAFU unterstützte Wettbewerb «Neue Horizonte – Ideenpool Holz» suchte beispielweise bereits 2005 bis 2007 Bauten, Techniken, Forschungsergebnisse usw. mit überzeugendem Zusammenspiel von Holz mit andern Materialien. Die damals noch als Mischbauweise oder Verbundbauten bezeichneten Hybridgebäude gehen vor allem sparsam mit den vorhandenen Ressourcen um. Das Verknüpfen mit anderen Materialien verleiht zudem der Architektur mit Holz ein völlig neues Gesicht. Die Bauten Flickflauder (Weissbad AI) Hugo Boss Competence Center (Coldrerio TI) und der Holzelementbau im Blechkleid (Zürich) sind dafür herausragende Beispiele (siehe Bilder).

Pilotbauten in Genf und Zürich geplant

Mario Fontana (ETH IBK) betonte, dass die Kombination von Beton, Stahl und Holz in mehrgeschossigen Bauten effizient ist. Hybridbauten erfüllen so in idealer Weise die Anforderungen an Effizienz bezüglich Energie und Ressourcen. Er zitierte unter anderen das Projekt «Mandat International» in Genf, ein zehngeschossiges Gebäude, das mit einem Betonkern aus CO2-reduziertem Zement, einer massiven Betonplatte als horizontalem Brandabschnitt über dem 5. Obergeschoss und ansonsten als Holzbau geplant ist.

Das neuartige Baukonzept befindet sich derzeit im Projektstadium, ist mit den einschlägigen Behörden (u.a. Feuerpolizei) vorbesprochen und stösst in Fachkreisen von Bau, Energie, Informatik und bei Vertretern der Uno bereits auf lebhaftes Interesse. Mit Sicherheit wird dieser Hybridbau, erarbeitet von  SSR-3 Architectes & Urbanistes und Charpente Concept aus Genf, bei seiner Realisierung auch über die Grenzen hinaus beachtet werden.

Als Vision eines Baustoffs, der so stark und zuverlässig wie Stahl und nachhaltig wie Holz ist, bezeichnete Andrea Frangi (ETH IBK) den Holz-Beton-Verbund unter Zuhilfenahme von hochfesten Laubholzelementen – im vorliegenden Fall Buche. Die Laborversuche dafür zeigen vielversprechende Resultate.

Geplant ist bereits ein Pilotbau bei der ETH Hönggerberg (Zürich), das «House of Natural Resources». Es soll ein zukunftsweisendes, grossmassstäbliches und transdisziplinäres Forschungs-, Lehr- und Demonstrationsobjekt mit innovativen Technologien und Bauteilen aus Laubholz werden. Der rund 21x21m messende Grundriss ist in Felder von 6.5x6m unterteilt. Stützen aus Eschenholz tragen vorgespannte Holzträger mit Laubholzverstärkung (Esche und Fichte)  und die Holz-Beton-Verbunddecke aus Buche.

Baubeginn soll im Sommer dieses Jahres sein, der Bezug ist auf Frühsommer 2014 geplant. Das mit MML Architekten geplante Gebäude ist zwar nicht gross, dient aber gemäss Frangi als Lehr- und Demonstrationsobjekt und entspricht damit dem direkten Transfer von Grundlagenwissen und aktuellen Forschungsresultaten in die Praxis.

Grosses Potenzial und zunehmende Tendenz

Unterstützt durch das Bundesamt für Umwelt und im Rahmen des Aktionsplans Holz hat die Berner Fachhochschule  BFH-AHB den Markt und sein Potenzial für mehrgeschossige Hybridbauten in der Schweiz untersucht. Bei jährlich rund 16.000 Bewilligungen für 20.000 Neubauten und in etwa gleich vielen Bewilligungen für An- und Umbauten resp. Ersatzbauten im Bestand ist der Markt beachtlich gross. Seit 1990 ist zudem eine Zunahme mehrgeschossiger Bauwerke (speziell bei 2- bis 3-geschossigen Bauten) nachweisbar.

Für den Holzbau sprechen gemäss Befragung von Planern (Architekten / Ingenieure) und Holzbauern vor allem die kurzen Liefer- und Bauzeiten, die Ökobilanz und der Wärmeschutz. Für den Hybridbau sprechen gemäss dieser Befragung vorab technische Gründe, wie Schall- und Brandschutz, Statik und auch die Erstellkosten. Gegen 70% der Planer und weit mehr als die Hälfte der Holzbauer sehen für den Hybridbau in den nächsten drei bis fünf Jahren eine zunehmende Tendenz.

Bestätigt wurde dieser Befund durch die Ausführungen und Präsentationen von Harald Professner (Rhomberg Cree, Dornbirn), Odilo Schoch (BFH-AHB Burgdorf), Alfons Sonderegger (FGZ Familienheim Zürich) und Hermann Blumer (Création Holz Waldstatt). Der bis Ende 2012 als Seniorconsultant der BAFU-Direktion tätige Peter Greminger zog den Schluss, dass Hybridbau die Chance zu noch effizienterem und nachhaltigem Bauen birgt, die Nachhaltigkeit im Bauwesen so zunimmt, die CO2-Intensität sich gleichzeitig vermindert. Die nicht direkt sichtbare, aber dennoch wirksame Reduktion des Verbrauchs grauer Energie bei Holz und seinen Produkten ist eine der grossen Chancen dieses Bau- und Werkstoffs aus der Natur.

Anmerkungen

  1. In: Steeldoc 03+04/2012, Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz.

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