Di­gi­ta­ler Zwil­ling für den Rück­bau

Ein Pilotprojekt untersucht, ob sich die Anwendung der BIM-Methode für den Abbauprozess einer kerntechnischen Anlage eignet.

Publikationsdatum
13-10-2021
Michael Karb
RWE Nuclear Kraftwerk Biblis, Überwachung–Dokumentation
Hans-Peter Semmler
Drees & Sommer Infra Consult und Entwicklungsmanagement, Kompetenzverantwortlicher Digital Twin Kraftwerke und Industrieanlagen

Vergangenen März jährte sich die Nuklearkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima zum zehnten Mal. Als Reaktion beschlossen mehrere Länder den Atomausstieg, darunter auch die Schweiz. Noch sind hier­zulande aber vier von fünf Anlagen in Betrieb, und deren Rückbau ist ­extrem aufwendig. Neben der schieren Grösse sind vor allem die teils hoch radioaktiven Bauteile und gesundheitsgefährdende Abfälle ein Problem. Abhilfe kann hier die digitale Planungsmethode Building Information Modelling (BIM) leisten.

Noch bevor beim Rückbau der erste Stein umgedreht wird, wird ein digitales Modell des realen Kraftwerks und der technischen ­Anlagen konstruiert, das ergän­zende Metadaten wie Materialien, Anlagenabhängigkeiten oder Rück­bauzustände in sich trägt. So ­lassen sich nicht nur effizientere Rück­bauszenarien entwerfen, sondern auch mögliche Gefahrenstellen noch vor Betreten der Baustelle identifizieren.

Ein Pilotprojekt demonstriert, wie das in der Praxis aussieht. Mithilfe modernster Laserscanner wurden Teile eines süddeutschen Kraftwerks in ein zustandsaktuelles 3-D-Modell überführt und mit Meta­daten zu den einzelnen Bauteilen ergänzt. Auf diese Weise entstand ein wirklichkeitsgetreues, virtuelles Modell des Kraftwerks, das bis auf den gewählten Detailierungsgrad genau den Ist-Zustand ab­bildet. ­Anschliessend lassen sich mithilfe dieses digitalen Gebäudemodells sämtliche Termin-, Bau-, Material­fluss- sowie Logistikab­läufe simulieren.

Unstimmigkeiten werden nicht erst auf der Baustelle bemerkt, wo sie zu teuren Zeitverzögerungen führen können. Stattdessen nutzt man das digitale Modell zur Kolli­sions- und Konsistenzprüfung und sorgt damit für einen reibungslosen Ablauf des Rückbaus. Darüber ­hinaus wird die Sicherheit jedes ­Einzelnen, der später einmal auf der ­Anlage arbeitet, erhöht. Diese durchgängige Methode kann wesentlich dazu beitragen, dass die Kernenergie wirklich bald Geschichte ist – und dort, wo heute noch die Reaktorkuppeln aufragen, nur noch grüne Wiese übrig bleibt.

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