Digitaler Zwilling für den Rückbau
Ein Pilotprojekt untersucht, ob sich die Anwendung der BIM-Methode für den Abbauprozess einer kerntechnischen Anlage eignet.
Vergangenen März jährte sich die Nuklearkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima zum zehnten Mal. Als Reaktion beschlossen mehrere Länder den Atomausstieg, darunter auch die Schweiz. Noch sind hierzulande aber vier von fünf Anlagen in Betrieb, und deren Rückbau ist extrem aufwendig. Neben der schieren Grösse sind vor allem die teils hoch radioaktiven Bauteile und gesundheitsgefährdende Abfälle ein Problem. Abhilfe kann hier die digitale Planungsmethode Building Information Modelling (BIM) leisten.
Noch bevor beim Rückbau der erste Stein umgedreht wird, wird ein digitales Modell des realen Kraftwerks und der technischen Anlagen konstruiert, das ergänzende Metadaten wie Materialien, Anlagenabhängigkeiten oder Rückbauzustände in sich trägt. So lassen sich nicht nur effizientere Rückbauszenarien entwerfen, sondern auch mögliche Gefahrenstellen noch vor Betreten der Baustelle identifizieren.
Ein Pilotprojekt demonstriert, wie das in der Praxis aussieht. Mithilfe modernster Laserscanner wurden Teile eines süddeutschen Kraftwerks in ein zustandsaktuelles 3-D-Modell überführt und mit Metadaten zu den einzelnen Bauteilen ergänzt. Auf diese Weise entstand ein wirklichkeitsgetreues, virtuelles Modell des Kraftwerks, das bis auf den gewählten Detailierungsgrad genau den Ist-Zustand abbildet. Anschliessend lassen sich mithilfe dieses digitalen Gebäudemodells sämtliche Termin-, Bau-, Materialfluss- sowie Logistikabläufe simulieren.
Unstimmigkeiten werden nicht erst auf der Baustelle bemerkt, wo sie zu teuren Zeitverzögerungen führen können. Stattdessen nutzt man das digitale Modell zur Kollisions- und Konsistenzprüfung und sorgt damit für einen reibungslosen Ablauf des Rückbaus. Darüber hinaus wird die Sicherheit jedes Einzelnen, der später einmal auf der Anlage arbeitet, erhöht. Diese durchgängige Methode kann wesentlich dazu beitragen, dass die Kernenergie wirklich bald Geschichte ist – und dort, wo heute noch die Reaktorkuppeln aufragen, nur noch grüne Wiese übrig bleibt.