Inside out: Kunstvolle Illumination der Berner Lauben
Der Berner Affspace, in dem die Beziehung von Architektur zur Kunst verhandelt wird, hat seine erste Carte Blanche der Saison 2022/2023 dem Duo Lang/Baumann überreicht. Es kreierte eine atmosphärische Lichtinstallation aus Glaskuben, die aus einem Abbruchobjekt auf dem Basler Roche-Campus stammen.
Aus dem kleinen Ladenlokal in der Berner Altstadt, das bis vor kurzem noch ein Bestattungsunternehmen beherbergte, strahlt es hell heraus bis in die Lauben. Die beiden Kunstschaffenden aus Burgdorf stellen mit ihren Arbeiten die gewohnte Sichtweise von Räumen und ihren Funktionen zur Disposition. Durch einen veränderten Kontext lenken sie die Wahrnehmung der Betrachtenden in künstlerische Freiräume, die teils absurd und nutzlos, teils ungeheuer praktisch sind.
In diesem Fall haben sie sich von der geringen Grösse des Innenraums leiten lassen. Mitten durch den Laden verläuft nun eine raumhohe gewellte Wand aus hinterleuchteten Glaswürfeln. Obwohl der innenliegende Raumteil auf diese Weise nicht mehr zugänglich ist und die Intervention das Ladenlokal erheblich verkleinert, wirkt es insgesamt grösser. Folgt man der Wellenbewegung mit den Augen, gleitet der Blick hinaus auf das Trottoir, das von den Lauben überspannt ist. Die zarte Eingangswand aus Holz und Glas verliert ihre Bedeutung und Kraft. Das Licht, das sich über die Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Raum hinwegsetzt, schafft einen neuen Aufenthaltsraum. Gleichzeitig drängt sich die Frage nach dem nun versperrten Raum auf, dessen jetzige Nutzung absichtsvoll verborgen bleibt.
Besonders ist auch die Geschichte der Glaskuben. Schon vor zehn Jahren, kurz vor Instandsetzung eines der Gebäude auf dem Roche-Gelände in Basel, konnten die Künstler rund 8000 dieser Würfel retten. Dort hingen sie als Leuchten gruppenweise von den Decken, Hersteller unbekannt. Seit der Demontage befanden sie sich ungenutzt im Lager und warteten auf einen neuen Einsatz. Mit sorgfältiger Handarbeit haben Lang/Baumann nun 1440 Stück gereinigt und an einer eigens entworfenen und angefertigten Metallkonstruktion, die an der Rückseite der Kuben zwischen Decke und Boden eingespannt ist, befestigt.
Aus verschieden starken Lichtquellen, die im gefangenen hinteren Raumteil aufgestellt sind, suchen sich die Strahlen ihren Weg durch das mal dickere, mal dünnere Glas der Kuben hinaus ins Freie. Die positive Kraft, die der Ort nun verströmt, fügt der Geschichte des Ladenlokals ein neues Kapitel hinzu. Nach der Ausstellung wandern die Elemente zurück ins Lager, bis sie die Künstler auf neue Ideen bringen.
Um die atmosphärische Lichtinstallation zu erleben, eignet sich ein Spaziergang bei Dunkelheit entlang der Münstergasse bis zum Affspace.
Sehen Sie auch das Making-of der Installation im Video.
Weitere Infos
www.affspace.ch, Münstergasse 4, Bern
Kuratorinnen: Paula Sansano, Juliane Wolski
01. September bis 19. November 2022
Do 18–20 Uhr, Sa 10–12 Uhr