Ziel: das Schwin­den versch­win­den las­sen

«Beton ist eine gerissene Bauweise», hört man des Öfteren. Die Rissbildung zu minimieren ist seit jeher ein Anliegen der Betonhersteller und der Baustoffindustrie. Häufig steht hierbei das Schwinden im Fokus.

Date de publication
22-09-2017
Revision
22-09-2017

Gemäss SIA 262 (Ziffer 4.4.2) ist Schwinden eine Ursache für die Rissbildung im Beton. Schwinden wird jedoch oft überbewertet und in der Auslegung des Betons missbraucht. Die folgenden Erläuterungen sollen helfen, das Thema zweckmässig zu behandeln.

Schwindprüfung im Ringversuch

In Ausschreibungen kann nach SN EN 206-1 Schwindreduktion als zusätzliche Eigenschaft definiert werden. Oft werden hierfür vorgegebene Werte nach verschiedenen Zeitintervallen festgelegt. Der Nachweis dieser Werte erfolgt durch die Schwindprüfung nach SIA 262-1 Anhang F.

Zur Schwindprüfung erstellte die Vereinigung Akkreditierter Baustoffprüflabors im Jahr 2013 einen Bericht, der die Resultate eines Ringversuchs innerhalb von zwölf Baustofflaboren beinhaltet. Die Ergebnisse dieser Versuche flossen in die SIA-Norm 262/1:2013 ein und bilden die Grundlage für die Genauigkeit von Prüfresultaten.

Schwinden im Beispiel

Die Möglichkeiten, Trocknungsschwinden (vgl. Kasten unten) durch schwindreduzierende Zu­satzmittel zu minimieren, wird anhand einer Messreihe an zwei gebräuchlichen Betonsorten (A- und C-Beton) erläutert. Massgebend für das Trocknungsschwinden ist der Zement­leimgehalt einer Betonrezeptur. Der verwendete A-Beton weist einen ­Zementleimgehalt von 270 l/m3 auf, der C-Beton liegt mit 244 l/m3 etwa 10 % darunter.

Der Einfluss der unterschied­lichen Zementleimmenge auf das Schwindverhalten ist erkennbar, bleibt jedoch in bescheidenem Rahmen. Die Verringerung des durchschnittlichen Schwindmasses beträgt nur etwa 5.5 %. Offensichtlicher sind die Abweichungen der einzelnen ­Messungen innerhalb einer Betonsorte, was die Angaben in der Norm bestätigt.

Auch der Einfluss von Schwindreduktionsmitteln wurde bei den beiden Betonsorten unter analogen Laborbedingungen untersucht. Die Dosierung betrug 2 % bezogen auf das Zementgewicht. Die Streuung der Messungen ist hier ebenfalls deutlich erkennbar. Durch die Verringerung der Zementleimmenge ergibt sich auch bei Einsatz des schwindreduzierenden Mittels eine geringfügige Abnahme des durchschnittlichen Schwindmasses von nur 7.1 %. Innerhalb der Betonsorten verringert sich das durchschnittliche Schwindmass durch die Zugabe von Schwindreduktionsmitteln jedoch um 50 % beim A-Beton und 51.7 % beim C-Beton.

Bezüglich der minimalen Zementleimmenge liegt ein A-Beton an der Grenze des Machbaren. Weitere Optimierungen würden zulasten der Verarbeitbarkeit und Dauerhaftigkeit gehen. Die Praxistauglichkeit wäre nicht mehr ge­geben. Unter Verwendung von Schwindreduktionsmitteln kann somit ein minimaler Schwindwert von ca. 0.23 ‰ nach 91 Tagen unter Laborbedingungen erzielt werden. Berücksichtigt man zusätzlich die Vergleichsstandardabweichung, erhöht sich der Wert auf 0.27 ‰. Unter   Baustellenbedingungen ist jedoch mit wesentlich höheren Schwindwerten zu rechnen, da die klimatische ­Umgebung einen wesentlichen Einfluss hat.

Die Grafik zeigt die verschiedenen Einfluss­faktoren auf das Schwindverhalten bei einem A- und C-Beton. Zu tief angesetzte, geforderte Schwindwerte sind aufgrund der Streuung der ­Laborresultate stets fraglich. Zur Verringerung des Trocknungsschwindens ist der Einsatz von Schwindreduktionsmitteln die effi­zienteste Massnahme, während eine Herabsetzung der Zement­leimmenge nur geringe Wirkung aufweist.


Schwinden

Durch Veränderungen des Wasserhaushalts hervorgerufene, lastunabhängige Volumenänderungen des Betons werden als Schwinden bezeichnet. Die Klassi­fizierung verschiedener Schwindarten erfolgt aufgrund ihrer Ursache:

Plastisches (kapillares) Schwinden

Kapillarschwinden bewirkt äussere Verformungen des frischen Betons infolge von Wasserverlust über die Beton­oberfläche. Unter ungünstigen Voraussetzungen kann die Verformung bis zu  4 mm/m betragen. Derart grosse Län­gen­änderungen können Risse zwischen 0.5 und 2.0 mm hervorrufen. Kapillarschwinden ist die einzige Schwindart, die durch eine gezielte Nachbehandlung, etwa dem Auftrag von flüssigen Nachbehandlungsmitteln oder durch Abdecken des Betons durch Folien, minimiert werden kann.

Autogenes (chemisches) Schwinden

Die chemische Reaktion zwischen Zu­gabewasser und Zement während der Hy­dratation verringert das Ausgangsvolumen des Zementleims und führt zu autogenem Schwinden. Der hydra­tisierende Zement entzieht den Kapil­lar­poren Wasser, sodass die Verfüg­barkeit von freiem Wasser im Beton vermindert wird. Man spricht von einer sogenannten Selbstaustrocknung, die vom Wasser/Zement-Wert abhängig ist. Ein tiefe­rer w/z-Wert führt zu stärkerem autogenem Schwinden. Empfehlungen, wie sich chemisches Schwinden minimieren lässt, fehlen.

Trocknungsschwinden

Für Standardbetone üblicher Festigkeitsklassen ist Trocknungsschwinden relevant. Die Volumenverkleinerung des Betons erfolgt über Verdunsten des Wassers an der Bauteiloberfläche. Der Beton gibt bis zum Erreichen eines Gleichgewichts Wasser an die Umgebung ab. Dieser diffusionsgetriebene Prozess, der neben dem Klima auch von der Geometrie des Bauteils abhängt, kann sehr lang andauern.

Unter bestimmten Bedingungen kann durch Trocknungsschwinden die Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftig­keit von Betonbauteilen massiv beeinträchtigt werden. Durch das Schwinden der Bindemittelmatrix können Mi­kro­­risse in der Matrix selbst und an den Kontaktflächen zur Gesteins­körnung ent­stehen. Bei ausgeprägter Verfomungsbehinderung der Beton­bau­teile durch die Bewehrung können Zwangsspannungen durch Trocknungsschwinden Spalt- oder Trennrisse hervorrufen. In massigen Bauteilen können Feuchte­gradienten auftreten, die zu inneren Zwangsspannungen führen und Risse an der Bauteilaussenseite bewirken.

Im Gegensatz zum autogenen Schwinden verstärkt sich das Trocknungsschwinden mit zunehmendem Wasser/Zement-Wert. Bei gebräuchlichen w/z-Werten zwischen 0.45 und 0.60 kann Trocknungsschwinden als massgebliche Schwindart angesehen werden.

Schwindreduzierende Betonzusatzmittel

In der Regel kommen kurz- und lang­kettige Kohlenwasserstoffe zum Einsatz. Es handelt sich um nichtionische Ten­side, die funktionale Hydroxyl- und Methylgruppen enthalten. Diese befinden sich an den Enden der Ketten re­spektive der Seitenketten der Moleküle. Durch ihren ausgeprägten tensidischen Charakter setzen die Moleküle die Ober­flächenspannung des Wassers in der Porenlösung des Zementleims herab. Dieser Effekt ist die entscheidende Triebkraft für die schwindreduzierenden Eigenschaften dieser Stoffe. Neuere Untersuchungen zeigen, dass diese Substanzen Einfluss auf das Porengefüge des Zementleims nehmen und dadurch das Schwindverhalten von Beton positiv beeinflussen.

Étiquettes

Sur ce sujet