Wie können Büros wirtschaftlich rentabel umgenutzt werden?
Ein durch neue Arbeitsweisen entstandenes Überangebot an Büroflächen steht einem markanten Wohnungsmangel gegenüber. Umnutzungen bieten sich also an, bergen aber rechtliche und bauliche Herausforderungen.
Auf dem Büroflächenmarkt zeichnen sich grosse strukturelle Veränderungen ab. Homeoffice wird stets gebräuchlicher und immer mehr Unternehmungen führen Desksharing ein. Die Beschäftigungsstatistik zeigt, dass das durchschnittliche Arbeitspensum in den klassischen Bürobranchen knapp 80 % beträgt. Je nachdem wie gut die Präsenztage der Mitarbeitenden koordiniert werden, könnten die Unternehmungen mit einem konsequenten Desksharing bis zu 20 % der Bürofläche einsparen. Wird dieses Desksharing mit einer Homeofficequote von 40 % kombiniert, kann man bei optimaler Koordination sogar auf über die Hälfte der Bürofläche verzichten. Damit zeichnet sich mittelfristig ein deutliches Überangebot an Büroflächen ab.
Dem steht ein signifikanter Wohnungsmangel gegenüber. Trotz reger Nachfrage zeigen sich im Wohnungsbau keine neuen Impulse. 2023 wurden Neubaubewilligungen für insgesamt 24 000 Wohnungen erteilt, was dem niedrigsten Wert seit 2012 entspricht und 15 % unter dem Durchschnitt der zehn vorangegangenen Jahre liegt. Die Anzahl der inserierten Wohnungen liegt so tief wie nie zuvor in den letzten zehn Jahren.
Unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums und der Alterung der Gesellschaft prognostizieren wir ein Defizit von 35 000 Wohnungen bis Ende 2024. Diese Anzahl wäre im Schweizer Schnitt erforderlich, um ein weiteres Ansteigen der Mieten zu verhindern. Gerade in den grossen Städten wie Zürich, Bern und Genf ist das Problem besonders akut. Hier liegen die Wohnungsleerstände bei 0.1, 0.4 und 0.5 %.
Zu viel Bürofläche auf der einen Seite und Wohnungsmangel auf der anderen: Da liegt die vermehrte Umnutzung von Büroflächen zu Wohnraum auf der Hand. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens ergeben sich einige rechtliche Herausforderungen, aber auch die Chance, wertvolle Bausubstanz weiter zu nutzen und energetisch zu ertüchtigen.
Bauliche und rechtliche Voraussetzungen
Ein massiver Zuwachs von Umnutzungen ist kurz- und mittelfristig allerdings nicht zu erwarten, da die nötige rechtliche Freiheit für Nutzungsänderungen häufig nicht gegeben ist. In Arbeits-, Gewerbe- und Industriezonen sind Wohnnutzungen üblicherweise nicht erlaubt und Ausnahmen nur selten möglich. Dass die Erleichterung der Durchlässigkeit und Durchmischung von Arbeits- und Wohnzonen als Massnahme zur Bekämpfung der Wohnungsnot geeignet ist, hat auch der Aktionsplan des Bundes gegen Wohnungsnot im Februar 2024 bestätigt. Die Umsetzung liegt mittelfristig bei den Kantonen für die Anpassung von Zonenvorgaben in den kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzen und langfristig bei den Gemeinden für die Anpassung der kommunalen Zonenpläne.
Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft Immobilien und Energie «Metamorphose: Aus Büros werden Wohnungen». Weitere Beiträge zum Thema finden Sie in unserem digitalen Dossier.
Steht das Gebäude in der passenden Zone, ist darüber hinaus eine hohe Flexibilität der bestehenden Struktur Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Umnutzung. Die Gebäudetiefe sollte bei Wohnbauten maximal 20 m betragen. Ein ausreichender Fensteranteil ist für die Belichtung wichtig. Die Erschliessungskerne sollten so angeordnet sein, dass sie für die Wohnnutzung übernommen und allenfalls durch zusätzliche neue Kerne ergänzt werden können. Eine grosszügige Raumhöhe von mindestens 2.5 m trägt zu einem guten Wohnraumklima bei. Private Aussenräume können als zusätzliche Raumschicht von aussen an viele Gebäude angebaut werden.
Energetische Optimierung
Parallel zu Umnutzung und Umbau ist es sinnvoll, die energetische Performance des Gebäudes zu verbessern, indem Energiesparpotenziale identifiziert und Möglichkeiten für eine erneuerbare Energieversorgung genutzt werden. Lebenszyklusanalysen (LCA) und Lebenszykluskosten (LCC) helfen, Umweltauswirkungen und ökonomische Wirkungen über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes zu bestimmen.
Weitsichtige Strategien mit konkreten Zielen verbessern die energetische Performance, steigern den Immobilienwert und erhöhen den Nutzerkomfort. Dabei ist ein interdisziplinärer Ansatz entscheidend. Die Wahl zwischen kleinen Eingriffen und Total- oder Teilsanierung hängt vom Zustand der Bausubstanz ab. Dabei sollten die Massnahmen individuell festgelegt und erneuerbare Energien bevorzugt werden.
Kriterien für rentable Projekte
Sind die genannten Voraussetzungen gegeben, kann mit einer Investitionsrechnung geprüft werden, ob die Umnutzung wirtschaftlich rentabel möglich ist. Dabei spielen folgende sowohl objekt- als auch lageabhängige Parameter eine wichtige Rolle und müssen miteinander in Einklang gebracht werden:
- Umbaukosten: Erfahrungen zeigen, dass Umnutzungen mit strukturellen Ein-griffen rund 2500–4500 CHF pro m2 Hauptnutzfläche kosten. Allenfalls erforderliche statische Massnahmen, Anforderungen zu Erdbebensicherheit und Brandschutz sowie allfällige Gebäudeschadstoffe sind Kostentreiber und daher besonders kritisch zu prüfen.
- Ertragspotenzial: Bei Kosten von 2500 CHF pro m2 und einer Rendite-erwartung von 4 % muss eine Mietzinssteigerung von 100 CHF pro m2 und Jahr möglich sein, damit die Umnutzung wirtschaftlich profitabel ist.
Nur an ausgewählten Standorten lassen sich allerdings solche Mehreinnahmen erzielen: Die Marktmieten für Wohn- und Büroflächen bewegen sich normalerweise in sehr ähnlichen, engen Bandbreiten. So liegt zum Beispiel der Medianpreis in der Schweiz für Büros bei 226 CHF pro m2 und Jahr, für Wohnungen wird ein Wert von 228 CHF pro m2 und Jahr ausgewiesen. Bevorzugt sind Gemeinden, in denen die Ertragsdifferenz positiv ausfällt – je höher, desto besser.
Besonders interessant sind jene Gebiete, die in der Nähe der Zentren liegen und über hervorragende Mikrolagequalitäten verfügen, beispielsweise die Region um den Genfersee, Gemeinden am Vierwaldstättersee sowie der erste Agglomerationsgürtel um Zürich. Sehr interessante Marktkonditionen für Umnutzungen sind zudem in den touristischen Topstandorten anzutreffen. Eine marktbedingte Ertragsdifferenz von über 100 CHF pro m2 und Jahr wird aber nur selten ausgewiesen. Sehr oft liegt diese Differenz zwischen 0 und 100 CHF. - Renditeerwartung: Die Renditeerwartung für Wohnliegenschaften ist gegenüber Geschäftsliegenschaften aufgrund des tieferen Investitionsrisikoprofils rund 50 Basispunkte tiefer. So liegt der Median der Diskontierungssätze in Bewertungen von Wüest Partner seit dem 3. Quartal 2023 für Wohnliegenschaften bei 2.7 % (netto/real) und bei Geschäftsliegenschaften bei 3.2 %. Wird dies in der oben skizzierten Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigt, können mit einer Ertragsdifferenz von 100 CHF pro m2 Baukosten für die Umnutzung in Höhe von 2850 CHF pro m2 gerechtfertigt werden.
Die Umnutzung von Büroliegenschaften zu Wohnzwecken bietet ein grosses Potenzial, zwei aktuellen Herausforderungen auf dem Immobilienmarkt zu begegnen. Damit das gelingt, braucht es einerseits eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Qualitäten von Bestandsliegenschaften, um die für eine Umnutzung geeigneten Objekte zu identifizieren, und andererseits etwas mehr Flexibilität im Zuge der Bewilligungsverfahren.
Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft Immobilien und Energie «Metamorphose: Aus Büros werden Wohnungen». Weitere Beiträge zum Thema finden Sie in unserem digitalen Dossier.