Ein Hoch­haus mit flo­ra­len De­tails

Studienauftrag nach Ordnung SIA 143: Hochhaus Krismer-Areal, Baden

Baden bekommt ein neues Hochhaus: Die Churer Architektin Angela Deuber gewinnt den Studienauftrag mit Folgeauftrag für das Wohn- und Geschäftshaus auf dem Krismer-Areal an der Bruggerstrasse.

Data di pubblicazione
14-05-2020

Ende April 2019 führte die Grund­stücksverwaltung Merker Liegenschaften einen Studienauftrag auf Einladung mit insgesamt neun Architekturbüros aus der Deutschschweiz durch. Gesucht wurde ein Entwurf für ein Wohn- und Gewerbehochhaus auf dem Krismer-Areal in Baden. Im ­Zentrum der Ausschreibung stand für die Bauherrin die Frage, welcher Nutzungsmix und welche maximale Flexibilität in einem Hochhaus erreicht werden können. Die Pro­jekteingaben sollten eine langfris­tige und nachhaltige Lösung auf­zeigen, die zukünftigen ­Ansprüchen an Wohnkomfort und gewerbliche ­Nutzungen gerecht werden kann.

Geblümte Statik

Am besten erfüllte diese Anforderungen das Projekt «Buds» der Architektin Angela Deuber aus Chur, das die Jury einstimmig zur Weiter­bearbeitung empfahl. Das Beurteilungsgremium hob insbesondere die städtebauliche Setzung, die Volu­metrie und Höhenentwicklung, den architektonischen Ausdruck mit den umlaufenden Auskragungen sowie die Nutzungsflexibilität hervor. Zudem bewertete die Jury die Struktur des Hochhauses mit Kern, Stützen und Fassade als sehr gut.

Durch einen Knick in der Fassade schufen die Architektin und ihr Team eine Nische im Stadtraum hin zur Bruggerstrasse. Die grösstmögliche Entfernung zur Verkehrsachse lässt vor dem Ge­bäude einen grosszügigen Platz ­entstehen. Der Haupteingang wird so klar ausgewiesen. Um den Platz wiederum vom Verkehr der viel­befahrenen Bruggerstrasse abzuschirmen, wird der vordere Bereich dicht bepflanzt.

Von Pflanzen bzw. Natur spricht die Architektin auch bei der Ausformung der Säulen in der Fassade. Wie der Name des Projekts «Buds» ist die Form der Säulen «vom natürlichen Verhalten einer Blüte inspiriert, die geboren wird, wächst und blüht». Möglichst «filigran» wollte Deuber die Fassade als Gegenüber der Stadt gestalten. So hat sie um den gesamten Innenraum eine zweite (Balkon-)Schicht gelegt, deren tragendes Element die feinen, blüten- oder baumartigen vorfabrizierten Pendelstützen sind. Dazwischen nutzt sie Glas als Balkonbrüstung, wodurch der Fokus auf die Stützen nicht gestört wird. Diese feingliedrige Gestaltung wird möglich, weil das Innere des Gebäudes eine eigene Trag­struktur aufweist, bestehend aus Deckenplatten, die von einem inneren Kern, Scheiben und einer inneren Stützenreihe getragen werden. Alle strukturellen Elemente werden im steifen Kasten der Untergeschosse eingespannt.

Die Jury hob hervor, dass diese einfache Struktur eine hohe Flexibilität in der Nutzung bietet. So ist sowohl eine Weiterent­wicklung des Projekts als auch eine ­zukünftige Nutzungsanpassung möglich.

Eine Ikone für Baden

Lediglich ein Büro mit Sitz in Baden wurde zum Wettbewerb geladen: Balissat bewarb sich mit dem Projekt «Midtown». Die Projektverfassenden sehen das Hochhaus als eine Erweiterung des benachbarten Gebäudeensembles auf dem Merker­-Areal, das sukzessive vom Industrieareal zum Kultur- und Kreativgelände umgenutzt wird. Ein «weithin sicht­bares Symbol» mit «ikonischer Wirkung» wollten die Verfasser hier im Zentrum von Baden platzieren. Die Jury zweifelte jedoch, ob dies die richtige Strategie für die Bauherrschaft und die Stadt sei. Sie ­kritisierte die Dominanz, die das Gebäude im bestehenden Stadtraum aufweisen würde.

Die Jury ist von der Bearbeitungstiefe des Projekts «Midtown» beeindruckt, die auch beim Statikkonzept konsequent durchgezogen wurde. Der Fussabdruck des Gebäudes – ein Trapez – ergibt sich durch die Reaktion auf die umgebende Bebauung und Strassenführung. Nach oben hin verändert sich die Grundfläche zu einem Quadrat, ­wodurch eine gewundene Aussen­an­sicht, ein leicht geschwungener Turm entsteht.

Auf dem Prüfstand

Dass Hochhaus nicht gleich Hochhaus ist, zeigen die sich in der Vi­sualisierung der Aussenansicht stark unterscheidenden Entwürfe der Eingaben. Die Jury entschied sich für ein Projekt, das auf den eingereichten Visualisierungen feingliedrig und leicht wirkt. Sie fordert jedoch, für die Überarbeitung den vorgeschlagene Glasanteil «auf seine Gebrauchstauglichkeit (…) und auf die gesetzlichen Grundlagen hin zu überprüfen». Was von der ­Filigranität dann noch übrig bleibt, gilt es abzuwarten.

Weitere Pläne und Visualisierungen zum Wettbewerb finden sich auf competitions.espazium.ch

Empfehlung zur Weiterbearbeitung:

«Buds»:
Angela Deuber Architekten, Chur; Ferrari Gartmann, Chur; Tobler Landschaftsarchitekten, Haldenstein; Kalt+Halbeisen Ingenieurbüro, Zürich, Aargau, Basel

Weitere Teilnehmer

«Gaja»:
ARGE Nathan Ghiringelli und Jonas Ulmer Architekten, Biel; Ferrari Gartmann, Chur; Frei+Partner Haustechnikplanung, Baden; Atelier Komma, Biel
«Pierre»:
Giuliani Hönger Architekten, Zürich; Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure, Zürich; Zwahlen + Zwahlen Landschaftsarchitektur, Cham; Boess Sytek, Binningen; Aicher, De Martin, Zweng, Zürich; Makiol Wiederkehr Ingenieure, Beinwil am See; Bakus Bauphysik + Akustik, Zürich; Atelier 8 Modellbau, Zürich; maaars architektur visualisierungen, Zürich
«Streetware»:
Christ & Gantenbein Architekten, Basel; Müller Illien, Zürich; Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich; Erne, Zürich; Eicher + Pauli, Zürich; Baukus Bauphysik + Akustik, Zürich; Kopitsis Bauphysik, Wohlen
«Baustein»:
Gigon Guyer Architekten, Zürich, WaltGalmarini, Zürich; 3-Plan Haustechnik, Winterthur
«Flexmax»:
Staufer & Hasler Architekten, Frauenfeld; ewp, Zürich; Schiltknecht Akustik und Bauphysik, Dorf; Richard Widmer Energieberatung, Wil
«Midtown»:
Balissat, Baden; Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich; Mebatech, Baden; Wichser Akustik & Bauphysik, Zürich; Hefti. Hess. Martignoni. Brandschutz, Zürich; Kalt + Halbeisen Ingenieurbüro, Zürich; Cyaan Visualization, Zürich;
«Zora»:
Schneider & Schneider Architekten, Aarau; Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich; Hager Partner, Zürich; Abicht Zug, Zug; Grolimund + Partner, Zürich
«Monroe»:
Romero Schäfle Architekten, Zürich; Dr. Schwartz Consulting, Zug; RMB Engineering, Zürich; Mühlebach Partner, Winterthur; Andreas Geser Landschaftsarchitekten, Zürich; Mebatech, Baden

Fachpreisrichter

Patrick Gmür (Vorsitz), Architekt und Stadtplaner, Zürich; Prof. Dietmar Eberle, Architekt, Lustenau, Österreich; Axel Fickert, Architekt, Zürich; Selina Walder, Architektin, Flims

Sachpreisrichter

Fritz Merker, Verwaltungsratspräsident MLAG, Baden; Sibylle Hausammann-Merker, Beirätin, Verwaltungsrat MLAG, Baden; Jarl Olesen, Stadt Baden, Leiter Planung und Bau, Baden

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