Wie weiter in Zürich-West?
Editorial TEC21 3–4/2022
Mit Geschenken ist es so eine Sache: Nicht immer freuen sich Sender und Empfänger gleichermassen darüber. Was dem einen nutzlos erscheint, hat für den anderen grossen Wert. Mit dem Gebiet um die Hardbrücke hat Zürich ein lebendiges, gut erschlossenes Subzentrum, das verschiedene Zeitschichten vereint, unterschiedliche Bevölkerungsteile anzieht und einen bunten Strauss an Nutzungen anbietet. Pulsierender Nukleus sind die heute zu Kulturstätten umgenutzten ehemaligen Industriehallen der Zahnradfabrik Maag. In anderen, von Transformation und Gentrifizierung geplagten Städten wäre ein solcher Ort heiss begehrt. In Zürich möchte man ihn nicht mal geschenkt.
Dabei hatte die Sache so gut angefangen. Die Grundeigentümerin Swiss Prime Site lancierte 2019 einen Studienauftrag für das Areal. Unter anderen reichten die späteren Pritzker-Preisträger Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal ein Projekt ein, das die bestehenden Hallen klug in die projektierten Neubauten integriert, und überzeugten damit auch die Fachjury. Geschenkt! Doch nicht in Zürich.
Die Bauherrschaft favorisierte das Projekt von Sauerbruch Hutton – ohne die historischen Hallen. Seit bald einem Jahr tobt nun der Streit um Sinn und Unsinn dieser Planung. Eine gute Gelegenheit, den Blick zu öffnen und weiterreichende Argumente für einen Erhalt zu prüfen: Was bedeutet der Abbruch im Hinblick auf Ressourcenschonung? Und was für die Identität des Industriequartiers?
Urbanität lässt sich nicht visualisieren. Mit dem Erhalt der Maag-Hallen bekämen Bauherrschaft und Stadt sie geschenkt – gratis und zugleich unbezahlbar.
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