Ele­gant, funk­tio­nal, ro­bu­st

Neubau Depot Limmattalbahn, Dietikon

Das Tramdepot «Müsli» am Ortsrand von Dietikon im Kanton Zürich ging 2022 mit der Eröffnung der Limmattalbahn in Betrieb. Ein Besuch zwei Jahre ­danach zeigt, dass sich die lichtdurchflutete Stahlkonstruktion von 10:8 Architekten mit Gähler und Partner im Alltag bewährt.

Data di pubblicazione
18-12-2024

Im Grossraum Zürich ist das Limmattal eine der am stärksten wachsenden Regio­nen: Arbeitsplätze entstehen, Wohnraum wird gebraucht. Damit einher geht die Zunahme des Personenverkehrs, der mit der 2022 eröffneten Limmattalbahn (LTB) von Zürich-Altstetten nach Killwangen-Spreitenbach entlastet wird.

Für die 13.9 km lange, meterspurige Bahn wurde ein eigenes Tramdepot gebaut, um die Fahrzeuge nahe des Einsatzorts abstellen und den Kleinunterhalt durchführen zu können. Das Gebäude wurde als Teil des Gesamtprojekts LTB in einem Workshopverfahren entwickelt und von einem Expertengremium begleitet. Der umgesetzte Entwurf stammt aus der Feder des Büros 10:8 Architekten aus Zürich, deren Mitarbeitende auch für die Streckengestaltung der LTB mit 27 Haltestellen und verschiedenen Kunstbauten verantwortlich sind, sowie dem Ingenieurbüro Gähler und Partner.

Die äussere Erscheinung der Halle wird geprägt durch das dunkle Trapezblech der Fassade in Sandwichbauweise. Sie lässt den Bau in der Landschaft ruhig und elegant erscheinen. Denkt man beim Betrachten zuerst an einen Büro- oder Gewerbebau, ist das kein Zufall: Eine Bebauung der angrenzenden Grundstücke wäre in Zukunft theoretisch möglich. Entsprechend hatten die Architektinnen und Architekten bei der Erstellung des Konzepts eine mögliche neue Nachbarschaft zu berücksichtigen und städtebauliche Überlegungen auszuarbeiten.

Das Areal grenzt im Norden an den Rangierbahnhof Limmattal und liegt etwas abseits der Hauptstrecke. Die ca. 14 ha grosse, bis anhin landwirtschaftlich genutzte Fläche wird erschlossen durch eine 600 m lange, eingleisige Betriebsstrecke. Um den Landverbrauch zu minimieren, lösten die Architekten die Einfahrt in die Werkhalle auf ungewöhnliche Weise: In der Regel fahren die Trams an den Kopfseiten der Depots ein und aus. Für das Depot «Müsli» wählte man eine gekrümmte Linienführung, die auf der Längsseite in das Gebäude führt. Die Zweirichtungsfahrzeuge der LTB fahren über ein 11.5 m breites Zufahrtstor mit einer lichten Breite von ca. 9.5 m an der Nordwestseite in die Halle und dort auch wieder hinaus.

Spannweite, Stahl und Stützen

Das Tragwerk der Stahlhalle besteht aus einer Rahmenkonstruktion aus gelenkig punktgelagerten HEB500-­Stützen und einem Walzträger aus HEB800 als Riegel mit einer Spannweite von 17 m. Es ist auf einem regelmässigen Stützenraster von 6 m aufgebaut. In Zeiten des «Holzbaubooms» kann man sich fragen, ob eine Holzkon­struk­tion diese Spannweiten nicht auch hätte aufnehmen können. «Die Idee, mit Holz zu bauen, haben wir relativ schnell verworfen», sagt Jürg Senn, Mitinhaber von 10:8 Architekten. «Die Feuchtigkeit in der Halle wäre für einen Holzbau eher ungünstig.» Während des zweijährigen Betriebs bestätigte sich, dass die Kombination aus Stahl und Beton die Anforderungen bestens erfüllt.

Die Geometrie der Halle ergab sich aus der Notwendigkeit, zwei Fahrzeuge hintereinander abstellen zu können, und weiteren Anforderungen zur optimalen Fahrzeugzirkulation, wie notwendigen Kurvenradien, Lichtraumprofilen und Sicherheitsabständen. Entstanden ist ein 145 m × 22 m grosses Werkstattgebäude. In vier Bereichen wird das Dach jeweils über eine Länge von 12 m um rund 2.8 m auf ca. 11 m erhöht, in diesen Abschnitten entfällt jeweils eine Stützenachse. 

Weitere Beiträge zum Thema Stahl finden Sie in unserem E-Dossier.

Diese vier Hauben rhythmisieren den langen Baukörper und sorgen für zusätzliches Tageslicht. Um eine Überhitzung aufgrund der grossen Fensterflächen zu vermeiden, können für die Nachtauskühlung einzelne Glas­elemente in den Hauben gekippt werden. Auf der südlichen Längsseite der Werkhalle ist ein eingeschossiger Anbau in Massivbauweise vorgelagert. Die Architekten platzierten hierin Büros und Personalräume sowie lichtdurchflutete Raumausweitungen der Halle.

Die Dachflächen des Gebäudes sind weitgehend begrünt und eine Photovoltaik-Anlage produziert Strom für den Eigenbedarf. Das Dachwasser wird zusammen mit dem Meteorwasser der befestigten Aussenflächen in der Versickerungsanlage über eine begrünte, durchlässige Bodenschicht abgeleitet.

Reparatur, Revision und Reinigung

Obwohl der Werkstattstandort Bremgarten aufwendige Revisionen und Reparaturen vornimmt, werden auch in Dietikon wichtige Unterhalts- und Revisionsarbeiten an der Tramflotte ausgeführt. Hierzu dient das Unterhaltsgleis, das über eine 51 m lange Arbeitsgrube verfügt und mit beidseitig der Gleisachse angeordneten Dacharbeitsbühnen ausgerüstet ist. Da die Fahrzeuge mittels Batte­rie in die Halle ein- und ausfahren, konnte auf die In­stal­lation schwenkbarer Deckenstromschienen verzichtet werden. Dies ermöglichte eine erhebliche Vereinfachung bei der Steuerung des Hallenkrans und der Wasch­anlage, der Regelung des Zutritts auf die Dacharbeitsbühnen und der Konstruktion des Einfahrtstors.

Dank dem eigenen Hallenkran ist das Heben und Verschieben von schweren Fahrzeugteilen jederzeit möglich. Auf dem zweiten Gleis befindet sich die vollautomatische Waschanlage, die in einem 27-minütigen Wasch­gang die Fahrzeugkompositionen einmal pro Monat von aussen reinigt. Innen macht das Reinigungspersonal der LTB täglich sauber. Eine Wasserwiederaufbereitungsanlage reinigt das Schmutzwasser und führt es in den Kreislauf zurück. Im Bereich der Wasch­anlage werden aufgrund der hohen Feuchtigkeit und des Einsatzes von sauren und basischen Waschmitteln erhöhte Anforderungen an den Korrosionsschutz gestellt. Im Innern der Halle sind die Stahlbauteile daher generell den Korrosivitätskategorien C3 nach SN EN ISO 12944 zugeordnet.

Diverse Lager- und Umschlagflächen sowie ein Elek­tro­raum und ein Raum für den Reinigungsdienst ver­vollständigen das Innere der Werkhalle. Ein Teil des Werkstattgebäudes ist unterkellert und für die Gebäudetechnik reserviert. Auf eine unterirdische Einstellhalle für Personenwagen wurde verzichtet.

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 28/2024 «Stützenfrei mit Stahl»

Neubau Depot Limmattalbahn, Dietikon

Bauherrschaft
Limmattalbahn

Generalplanende / Baumanagement
Gähler und Partner, Ennetbaden

Tragwerk / HKLSE-Planung
Gähler und Partner, Ennetbaden

Architektur
10:8 Architekten, Zürich

Bauphysik
Steigmeier Akustik + Bauphysik, Baden

Landschafts­architektur
Andreas Geser Landschafts­architekten, Zürich 

Fassadenplanung
Atelier P3, Zürich

Brandschutz
Protexon, Muttenz 

Planung PV-Anlage
Swiss Solar City, Zürich

Gebäudevolumen (SIA 416)
31 676 m3

Gebäudekosten (BKP2)
10.5 Mio. Fr.

Vergabeform
Planerwahlverfahren
(SIA 144)

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