«Die In­ter­dis­zi­pli­na­rität gehört zur DNA un­seres Ve­reins»

An ihrer Versammlung haben die SIA-Delegierten zahlreiche Geschäfte behandelt. Unter anderem haben sie die SIA-Ordnung 144 zur Publikation freigegeben und eine neue Vereinsstrategie verabschiedet. Präsident Peter Dransfeld und Geschäftsführer Christoph Starck analysieren. Carole Pont Bourdin blickt auf den Strategie­prozess zurück und erzählt, was ein Kaktus mit Tannenbaumnadeln damit gemein hat.

Date de publication
12-05-2022


SIA: Peter Dransfeld und Christoph Starck, Sie blicken zurück auf Ihr erstes gemeinsames Jahr an der Spitze des SIA. Welcher Moment ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Peter Dransfeld: Meine Wahl, die leider virtuell erfolgte, für mich aber legendär war. Und die Wochen danach. Auf ein Feuerwerk von Eindrücken folgte eine Zeit des Einarbeitens, Überblickens und Analysierens.

Christoph Starck: Die diesjährige Delegiertenversammlung am 29. April in Lausanne. Nach einer schriftlichen DV 2020 und einer virtuellen im letzten Jahr nun endlich richtig zusammenzukommen war eine grosse Freude.


Mit Marco Waldhauser, Salome Hug, Federico Ferrario und Barbara Wittmer haben die Delegierten vier neue Vorstandsmitglieder gewählt. Was bedeutet das für Sie als Präsident und Geschäftsführer?

Dransfeld: Vier Mitglieder eines elfköpfigen Vorstands zu ersetzen ist eine Herausforderung. Und das ein Jahr nach der Neuwahl dreier weiterer Vorstandsmitglieder. Vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass drei Neumitglieder mit unserem Verein bereits bestens vertraut sind. Gleichzeitig bringt die vierte Person eine frische Aussenperspektive ein.

Starck: Ich freue mich, dass über die häufigsten Fachrichtungen im SIA hinaus auch ein Forstingenieur und eine Geografin neu gewählt wurden. Denn die Interdisziplinarität gehört zur DNA unseres Vereins.


Mit dem Rücktritt der Vizepräsidenten Adrian Altenburger und Daniel Meyer gibt es im Vorstand zwei wichtige Ämter zu besetzen. Wer folgt?

Dransfeld: Wir sind zum Schluss gekommen, dass es im Sinn der Kontinuität zwei bisherige Vorstandsmitglieder sein sollten. Mit Alain Oulevey und Urs Rieder haben wir gute Vizepräsidenten gefunden, die anlässlich der ersten Sitzung im neuen Vorstand noch formell gewählt werden. Wichtiges Kriterium war die ausgewogene Vertretung der Berufsgruppen, Sprachregionen und Geschlechter. Das ist gegeben – insbesondere auch im Gesamt­vorstand, wo wir auf eine starke Frauenvertretung zählen dürfen.


Die Delegierten haben auch einige inhaltliche Geschäfte diskutiert. Die SIA 144 «Ordnung für Planerwahlverfahren» ist zur Publikation freigegeben worden. Ein grosser Schritt für den SIA im Beschaffungswesen.

Dransfeld: Wir haben uns damit für ein zentrales Anliegen des SIA eingesetzt. Nämlich für gute, faire und marktgerechte Arbeitsvergaben unserer Leistungen. Das Planerwahlverfahren gewinnt in der heutigen Zeit, wo wir vermehrt im Bestand bauen und die besten Fachleute suchen, an Bedeutung.

Starck: Für das ganze Spektrum von Vergaben – vom Kleinstauftrag bis zum riesigen Neubauprojekt – hat der SIA eine klare Haltung, die er in den Ordnungen abbildet. Damit ist die Arbeit aber nicht gemacht, wir müssen unsere Haltung mittels Leitfäden präzisieren und in die Praxis überführen.


Weiter hat die DV eine neue Vereinsstrategie verabschiedet. Macht der SIA künftig alles anders?

Dransfeld: Wir erfinden uns nicht neu, haben aber klare Leitplanken für unser Handeln verschriftlicht und verabschiedet.

Starck: Für mich hat die Strategie vieles geklärt. Auch was wir noch besser machen möchten und worauf wir fokussieren können. Im Zentrum steht immer der Beitrag unserer Mitglieder zur Gestaltung eines nachhaltigen Lebensraums.


Mit der Zentralkommission für Informationsmanagement (ZI) ist ein weiteres Novum geschaffen worden. Was bringt sie dem Verein?

Starck: Die ZI soll als Querschnittskommission agieren und sämtliche Fragen zum Informationsmanagement im Umfeld von Normen und Ordnungen bearbeiten – für uns ein wichtiges und äusserst dynamisches Handlungsfeld, auf dem der SIA Akzente setzen muss. Ich freue mich, dass wir mit Christoph Maurer einen Präsidenten gewählt haben, der bei Grossprojekten beratend fürs Informations- und Datenmanagement beigezogen wird. Er ist fest in der Praxis verankert und kann den SIA mit seinem Hintergrund im Digitalisierungsdiskurs positionieren.


Peter Dransfeld, mit welchem Projekt starten Sie in Ihr zweites Jahr als SIA-Präsident?

Dransfeld: Vorerst möchte ich den neuen Vorstand als strategisches Pendant zu unseren Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsstelle zusammenführen. Gemeinsam werden wir die neue Vereinsstrategie, die sechs Schwerpunktthemen und ebenso viele Handlungsfelder vorsieht, umsetzen.


Carole Pont Bourdin, seit 2018 hat der Vorstand an der Strategie gearbeitet. Blicken Sie mit uns zurück.

Carole Pont Bourdin: Der Strategieprozess war intensiv und wurde durch die Pandemie unterbrochen. Nach ersten Weichenstellungen durch den Vorstand bezogen wir verschiedene Gruppen ein – von den Sektionen und Berufsgruppen über die Frauen bis zu den Jungen – und reflektierten an­lässlich des Forums im Herbst 2021 die Zwischenresultate. Diese hat der Vorstand zu einem Strategiegebäude synthetisiert, das die Delegierten nun verabschiedet haben.


Die Vision zeigt, dass sich der Verein mit dieser Strategie nicht neu er­funden hat. Und auch die Mission ist wohlbekannt. Was ist neu?

Carole Pont Bourdin: Die sechs Handlungsfelder, die mit konkreten Projekten umgesetzt werden, haben durchaus etwas Visionäres. Sie setzen Leitplanken für den Weg des SIA und die Entwicklung unseres Berufsstands. Wir sind mit zahlreichen Einflüssen wie beispielsweise der Digitalisierung konfrontiert, die den Planerberuf stark verändern. Millennials werden völlig anders arbeiten als ich.


Sprechen wir über die sechs Handlungsfelder: Welches sind für Sie die zentralen Punkte?

Carole Pont Bourdin: Dass wir gehört und verstanden werden. Also Themenführerschaft in den SIA-Kernthemen entwickeln und damit eine hohe Wahrnehmung erzielen. Unser dynamisches Umfeld bedingt, dass wir mutig und zukunftsorientiert handeln und hierbei stets den Nutzen für unsere Mitglieder und unser Regelwerk im Fokus haben. Unsere vertrauensvolle Zusammenarbeit, die sich in einem gestärkten Zusammengehörigkeitsgefühl manifestiert, bildet eine wichtige Basis.


Können Sie die Handlungsfelder durch ein anstehendes Projekt konkretisieren?

Carole Pont Bourdin: Ich möchte mit einem Thinktank zur Gesellschaft im Jahr 2040 und zur Rolle des SIA in diesem Kontext arbeiten. Wir entwickeln Visionen, ­malen uns Dinge aus, die es so noch nicht gibt, denken über einen Kaktus mit Tannenbaumnadeln nach oder darüber, was sonst mal werden könnte. Aus dieser visionären Perspektive reflektieren wir unsere Vereinsstrategie. Parallel dazu setzen wir deren Umsetzung mittels aktueller Projekte fort und evaluieren diese laufend. Beispielsweise partizipativ am Forum im kommenden Herbst, wo wir wieder weitere Kreise einbeziehen.

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