Trin­k­warm­was­ser in Ge­bäu­den – die neue SIA 385/1

Letztes Jahr trat die überarbeitete SIA-Norm 385/1:2020 in Kraft. Sie definiert Grundlagen und Anforderungen an Trinkwarmwasser-Anlagen in Gebäuden. Die neue Version berücksichtigt die Gefahr, die von Legionellen in Trinkwassersystemen ausgeht.

Data di pubblicazione
12-05-2021

Die neue Norm SIA 385/1 Anlagen für Trinkwarmwasser in Gebäuden – Grundlagen und Anforderungen soll Planungssicherheit im Bereich von Trinkwarmwasser schaffen. Ihr Ziel: Wirtschaftlich vertretbare und praxistaugliche Systeme zu ermöglichen, die hygienisch einwandfrei und energieeffizient sind. Die Anpassungen gegenüber der Norm aus dem Jahr 2011 betreffen vor allem die hygienischen Anforderungen, Dämmvorschriften, Wärmesiphons und die Warmwassererwärmung mit Wärmepumpen.

Die Norm gilt für neue Warmwasserversorgungen mit Trinkwasser in Gebäuden. Bei Umbauten, Erweiterungen und Sanierungen von bestehenden Anlagen sind ihre Anforderungen und Empfehlungen im Rahmen des technisch Möglichen einzuhalten. Für Spitäler, Alters- und Pflegeheime können zusätzliche Anforderungen gelten, die von der Norm nicht behandelt werden.

Eingeflossene Erkenntnisse

Legionellen sind humanpathogene Bakterien. Sie kommen in natürlichen Wassersystemen und Böden vor und können das Pontiac-Fieber und die Legionärskrankheit (Legionellose) auslösen. Probleme mit Legionellen treten vor allem dann auf, wenn durch menschliches Einwirken Bedingungen geschaffen werden, die eine übermässige Vermehrung der Keime fördern. Legionellen wachsen vorwiegend in Biofilmen auf Oberflächen bei Temperaturen von 25 bis 45 °C – bei einem Maximum von ca. 37 °C (Abbildung 1).

Allerdings kann das Legionellen-Problem nicht durch eine isolierte Betrachtung einzelner Komponenten gelöst werden. So ist zum Beispiel der alleinige Fokus auf die Temperaturen von Trinkwasserspeichern nicht zielführend. Denn Legionellen können sich selbst dann im Verteilsystem und in den Zapfstellen des Warm- oder Kaltwassers einnisten, wenn die Temperaturen des Warmwasserspeichers ausreichend sind, und sie in diesem nicht nachgewiesen werden können.

Feldproben zeigen häufiger Legionellen im Rücklauf der Warmwasserzirkulation und in Mischwasserproben der Peripherie als am Austritt des Warmwasserspeichers. Entsprechend reicht es nicht, nur eine genügend hohe Temperatur am Austritt des Wärmespeichers zu fordern. Ein weiterer Punkt, dem in der neuen Norm eine grössere Beachtung geschenkt wird, ist die Tatsache, dass Legionellen nicht nur das Warmwassersystem befallen, sondern auch das Kaltwassersystem. Während in Warmwassersystemen zu tiefe Temperaturen als häufige Ursache für die Vermehrung angesehen werden, sind es im Kaltwassersystem zu hohe Temperaturen, die sich nachteilig auswirken.

Wie warm ist warm genug?

Prinzipiell gilt, unabhängig von der Art des Aufbereitungs- und Verteilsystems, dass an jeder Entnahmestelle die Temperatur des entnommenen Warmwassers nach einer definierten Ausstosszeit bei voll geöffneter, ganz auf warm eingestellter Entnahmearmatur mindestens 50 °C erreichen muss. Weitere Vorgaben werden für verschiedene Aufbereitungs- und Verteilsysteme gemacht. Dabei wird unterschieden, ob eine Warmhaltung der Trinkwarmwasserverteilung vorhanden ist und ob ein Trinkwarmwasserspeicher vorhanden ist. Über Zirkulation oder Heizbänder warm gehaltene Verteilleitungen müssen auf einer Temperatur von mindestens 55 °C gehalten werden. Das gilt bei der Zirkulation insbesondere für den Rücklauf. Bei verzweigten Zirkulationsleitungen betrifft das den gesammelten Rücklauf aller Stränge und die Temperatur im Rücklauf jedes einzelnen Zirkulationsstranges (Abbildung 2). Systeme ohne warm gehaltene Verteilung sollen am Austritt des Warmwasserspeichers 55 °C einhalten.

Erleichterungen in Bezug auf die Temperatur

Systeme ohne Warmwasserspeicher und ohne warm gehaltene Verteilleitungen müssen 52 °C am Austritt des Warmwasser-Wärmetauschers einhalten. Eine Erleichterung in Bezug auf die Temperaturanforderungen wird für die übrigen Systeme ermöglicht, wenn mit der Planung und Installation hygienisch optimale Betriebsvoraussetzungen geschaffen worden sind. In diesen Fällen kann, unter Berücksichtigung der Selbstkontrolle des Eigentümers beziehungsweise der Betreiberin, die Inbetriebnahme der warmgehaltenen Leitungen bei 52 °C erfolgen (Abbildung 3). Auch diese Temperatur betrifft jeweils den Rücklauf aller Stränge im Fall einer Warmwasser-Zirkulation.

Wie kalt ist kalt genug?

Kaltwasserleitungen sollten eine Temperatur von höchstens 25 °C erreichen. Deshalb muss eine Erwärmung durch parallellaufende Warmwasser- oder Heizungsleitungen konsequent vermieden werden. Auch nicht ständig warmgehaltene Leitungen und Wärmeübertrager müssen so geplant und installiert werden, dass sie nach der Entnahme von Warmwasser möglichst schnell wieder unter 25 °C abkühlen. Folglich sollen Warmwasserleitungen – und andere Komponenten – die nicht ständig warmgehalten werden, nicht wärmegedämmt werden. Das betrifft zum Beispiel die Warmwasserverteilung in Systemen ohne Warmhaltung (Abbildung 4).

Eine weitere Massnahme zur Verhinderung einer ungewollten Erwärmung kalter Leitungen ist die konsequente Trennung warm gehaltener von kalten oder temporär auskühlenden Komponenten durch einen Thermosiphon. Der Siphon verhindert, dass warmes Wasser aufgrund seiner geringeren Dichte in kältere Leitungen aufströmt, dort abkühlt und wieder zurückströmt. Diese unerwünschte Einrohrzirkulation führt zu einer undefinierten Temperatur im entsprechenden Abschnitt.

Vorwärmzonen: Solar und Wärmerückgewinnung

Für die Speicherung grösserer Energievorräte soll vorwiegend Betriebs- und nicht Trinkwasser eingesetzt werden. Dennoch bleiben Systeme mit einem geringen Trinkwasservolumen im Vorwärm- oder Mitteltemperaturvolumen des Speichers zulässig, beispielsweise für Solarwärmeanlagen und Wärmerückgewinnung. Unter der Voraussetzung, dass das Spitzendeckungsvolumen im Bereitschaftsteil genügend gross ist, sodass eine allfällige Bakterienpopulation aus den Vorwärm- und Mitteltemperaturzonen dezimiert wird. In gewissen Fällen wird ein monatliches Aufheizen des Vorwärmvolumens auf 60 °C während sechs Stunden gefordert. Weitere Details dazu sind der Vornorm zu entnehmen.

Keine Toträume im System

Weil Wasser in Toträumen lange liegen bleibt, und die Temperatur in Totleitungen und -räumen nicht kontrolliert werden kann, versteht es sich von selbst, dass diese zu vermeiden sind. Bereits bei der Planung und Installation muss darauf geachtet werden, dass der Abgang von Stichleitungen von der Hauptleitung zugänglich bleibt, sodass bei einer Ausserbetriebnahme eines Anschlusses die Stichleitung unmittelbar an diesem Abgang gekappt werden kann und kein Totleitungsabschnitt zurückbleibt.

Regelmässiges Spülen

Ausreichende Temperaturen im System sind nur die halbe Miete. Es muss auch dafür gesorgt werden, dass diese Temperaturen an den Zapfstellen ankommen. Wird eine Entnahmestelle länger als eine Woche lang nicht benutzt, soll vor einem erneuten Einsatz heiss und kalt gespült werden. Das macht deutlich, dass letztendlich nicht nur die Installation und die Betriebsparameter des installierten Systems einen Einfluss auf die Legionellensicherheit haben, sondern auch das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer. Allerdings kann dies von der Norm nicht abschliessend abgedeckt werden.

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