Klimawandel und das 1.5°C-Ziel: Herausforderung und Chance
Der November 2021 steht beim SIA im Zeichen des Klimas mit mehreren Veranstaltungen. Vorab erscheinen in loser Folge Artikel zum SIA-Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie». Im ersten Teil geht es um die Präambel und das darin festgehaltene Ziel, die Klimaerwärmung auf 1.5 °C zu begrenzen.
Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA betrachtet den Klimawandel als eine der grössten globalen Herausforderungen unserer Zeit. In seinem 2020 veröffentlichten Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie» hält er in der Präambel und in sechs Leitsätzen fest, zu welchen Zielen sich der SIA im Klimaschutz bekennt und wie er dazu beitragen will, dass sie erreicht werden.
In der Präambel stellt sich der SIA hinter die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), wonach die globale Klimaerwärmung auf 1.5 °C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden muss, was auch im Pariser Klimaabkommen angestrebt wird. Wo stehen wir jetzt? Und wie können wir dieses 1.5-°C-Ziel erreichen?
Globale Erwärmung rund 1 °C
Im IPCC-Bericht zum 1.5-°C-Ziel von 2018 wurde die globale Erwärmung bis zum Jahr 2017 mit ca. 1 °C angegeben. Das Ziel von 1.5 °C würde bei gleichbleibender Erwärmung schon ungefähr im Jahr 2040 überschritten. Die Erwärmung und deren Folgen verteilen sich auf der Erde unterschiedlich und werden im Bericht beschrieben. Eine Aktualisierung wird es im 6. IPCC Bericht geben, der im August 2021 erscheint. Auch für die Schweiz wurden verschiedene Szenarien beschrieben.
Die Schweiz weist jetzt bereits eine Erwärmung von ca. 2 °C auf. Die Gründe dafür liegen zum einen in der Erwärmung der Landmassen und zum anderen in der Zunahme der Temperatur in den höheren Breitengraden der Erde. Der Blog-Artikel «Die Schweizer Temperaturentwicklung im globalen Vergleich» von MeteoSchweiz beschreibt die Ursachen im Detail.
Verbleibendes CO2-Budget sinnvoll nutzen
Der IPCC-Bericht zeigt, dass es möglich ist, die globale Erwärmung auf 1.5 °C zu begrenzen. Dafür müssen die CO2-Emissionen weltweit massiv gesenkt werden: Bis 2030 müssen die Emissionen global gegenüber heute halbiert werden, damit die Chance besteht, das Ziel zu erreichen. Diese Dringlichkeit ist Teilen der Bevölkerung nicht bewusst, was auch die Abstimmung zum CO2-Gesetz gezeigt hat.
Bis rund 2050 müssen die CO2-Emissionen global auf Netto-Null sinken. In anderen Worten: Es darf nicht mehr CO2 emittiert werden, als der Atmosphäre entzogen wird. Anzumerken ist, dass mit dem Jahr 2050 keine absolute Zahl gemeint ist, sondern – wie bei wissenschaftlichen Studien üblich – eine Wahrscheinlichkeit angegeben wird, das Ziel zu erreichen: in diesem Fall rund 50 Prozent. Um die Wahrscheinlichkeit auf 66 Prozent zu erhöhen die 1.5 °C Erwärmung nicht zu überschreiten, müssen die CO2-Emissionen bereits 2040 auf Netto-Null sein.
Wo steht die Welt jetzt?
Die globalen CO2-Emissionen betrugen im Jahr 2019 ca. 43 Gigatonnen. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wird aktuell ein Rückgang von ca. sieben Prozent auf 40 Gigatonnen erwartet. Eine solche Reduktion wäre von nun an jährlich notwendig, um auf dem vom IPCC vorgegebenen Weg zu bleiben.
Die Covid-19-Pandemie hat aber nur einen geringen Einfluss auf die gesamte zukünftige Menge CO2, die noch emittiert werden darf. Im IPCC-Bericht wurde das verbleibende CO2-Budget berechnet, und es werden verschiedene Wege gezeigt, um dieses Ziel zu erreichen. Nun geht es darum, das verbleibende Budget sinnvoll zu nutzen und diesen Wegen zu folgen.
Der Weg zu Netto-Null und zur «1.5-°C-Welt» ist eine grosse Herausforderung, aber auch eine Chance für neue Technologien und für die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen. So wird beispielsweise die weltweite Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie die Luftqualität deutlich verbessern – ein erfreulicher Nebeneffekt. Vielleicht braucht es eine stärkere Betonung der positiven Auswirkungen, um die Menschen von den notwendigen Massnahmen zu überzeugen.
Der IPCC-Bericht zeigt ausserdem, dass das 1,5-Grad-Ziel zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklungen der UNO beiträgt und im Einklang mit deren Umsetzung erreicht werden kann. Der SIA mit seinem Ziel eines «zukunftsfähigen und nachhaltig gestalteten Lebensraums von hoher Qualität» muss hier eine aktive Rolle spielen und wird sich dieser Aufgabe mit grossem Engagement stellen.
Die Präambel des SIA-Positionspapiers «Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie» im Wortlaut:
Der SIA anerkennt
- den Klimawandel als eine der grössten globalen Herausforderungen unserer Zeit.
- die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), wonach die globale Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden muss.
- die Notwendigkeit, bis spätestens 2050 weltweit die Emissionen von Treibhausgasen nahezu vollständig zu eliminieren.
- die Notwendigkeit, sich an das zukünftige Klima anzupassen.
- die besondere Verantwortung des SIA, der für eine hochwertige Baukultur mit dem übergeordneten Ziel eines zukunftsfähigen und nachhaltig gestalteten Lebensraums von hoher Qualität steht.
Der SIA unterstützt das in Paris verabschiedete internationale Klimaübereinkommen, das vom Bundesrat formulierte Ziel «klimaneutrale Schweiz bis 2050», die Energieeffizienzziele der Energiestrategie 2050 des Bundes und die Klimaanpassungsstrategie des Bundesrats.
Themenmonat Klima
Der November 2021 steht beim SIA im Zeichen des «Themenmonats Klima». An mehreren Tagungen und in Lehrgängen werden Massnahmen zum Klimaschutz diskutiert.
Weitere Informationen und Anmeldung: https://events.sia.ch/themenmonat-klima/themenmonat-klima
Weitere Informationen
SIA-Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie»
Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
MeteoSchweiz, «Die Schweizer Temperaturentwicklung im globalen Vergleich»