Ein neuer Weiterbildungsschwerpunkt: Wissen zum Bauprozessablauf nach SIA
Vor 25 Jahren führte der Mangel an Wissen zur Unternehmensführung unter den Planern zur Gründung von SIA-Form. Zum Jubiläum gibt sich das Weiterbildungsprogramm einen neuen Schwerpunkt: die Vermittlung von Wissen rund um die SIA-Hilfsmittel zu den Bauprozessen.
Das SIA-Modell «Bauplanung» und die Ordnungen für Leistungen und Honorare (LHO) bilden eine wichtige Grundlage für optimierte Bauprozesse. Neben den Tätigkeiten der Planenden werden darin auch die Rollen vieler Weiterer, die an Bauprojekten beteiligt sind, beschrieben. Im Unterrichten, bei Beratungen und im Rahmen des SIA-Mentoring-Programms ist uns aufgefallen, dass wesentliche Kenntnisse zu den SIA-Ordnungen fehlen. Auch werden das Modell Bauplanung (SIA 112), die Ordnungen für Leistungen und Honorare (SIA 102–110) und diejenigen zu den Wettbewerben (SIA 142–144) sowie weitere Hilfsmittel, wie das Merkblatt zum BIM (SIA 2051) oder die Empfehlung zum Facility Management (SIA 113), nicht als Gesamtsystem angesehen, sondern als Aneinanderreihung von Einzeldokumenten.
Fehlt aber das Wissen zu diesen Grundlagen, erschwert sich beim Lösen von hochkomplexen Planungsaufgaben die Konzentration auf die wesentlichen Punkte. Die Gedankengänge müssen laufend unterbrochen und unnötige Umwege zum Erwerb des Ablaufwissens eingeschaltet werden. Ausserdem sind Konflikte vorprogrammiert, wenn die Rollenverteilung der diversen am Bauprozess Beteiligten unklar und schwammig ist.
Die kognitive Verzerrung und das SIA-Ordnungswerk
SIA-Mitglieder und auch andere Fachleute haben mir und meinem Team gegenüber ihr Erstaunen zum Ausdruck gebracht, wie umfangreich und durchdacht das SIA-Ordnungswerk sei. Es enthalte auch Teile, die sie trotz jahrelanger Praxiserfahrung nicht gekannt hätten. Viele meinten, sie hätten ihre Sachkenntnisse darin überschätzt.
Verschiedene Module für verschiedene Zielgruppen
Selbstüberschätzung ist in der Psychologie eine Form der kognitiven Verzerrung, also eine systematische Fehleinschätzung der eigenen Kompetenz. Insbesondere bei der Beurteilung der Fremdsprachenkenntnisse und der Kompetenz beim Autofahren passiert diese Fehleinschätzung vielen Menschen – übrigens Männern bedeutend öfter als Frauen. Beim Wissen zu den SIA-Ordnungen kann mitspielen, dass niemand seine Mängel in den Grundlagen des SIA zugeben will. Schliesslich müsste man sie als SIA-Mitglied ja kennen. Nur, diese Spritze mit dem ganzen SIA-Ordnungs-Know-how kann unser Mitgliederdienst beim Eintritt in den SIA nicht verabreichen. Die strategische Bedeutung des SIA-Ordnungswerks ist auch dadurch ersichtlich, dass nicht der Vorstand neue Ordnungen genehmigt, sondern die SIA-Delegiertenversammlung (Art. 13 j, SIA 100, Statuten).
Beim Start des neuen Weiterbildungsprojekts mit dem Ziel einer besseren Vermittlung des Wissens rund um die SIA-Instrumente wurde rasch klar, dass separate Module definiert werden müssen. Aufgrund diverser Gespräche haben wir uns darum entschieden, einerseits die Bauprojektphasen, andererseits phasenübergreifende Instrumente – beispielsweise das Projektpflichtenheft – als Leitlinie zu nehmen. Damit lassen sich entsprechende Kursmodule für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln.
Die einzelnen Module sind so konzipiert, dass dasselbe Modul im Rahmen eines Firmenkurses oder an einer Höheren Fachschule (HF) gehalten werden kann. Lediglich die Beispiele und Schwerpunkte müssen von uns entsprechend angepasst werden. Gut zu wissen: Bei den SIA-Form-Kursen streben wir immer ein gemischtes Kurspublikum an, das unterschiedliche Rollen vertritt. So wird ein gegenseitiges Lernen unter den Kursteilnehmenden gefördert.
Die Suche nach einer geeigneten Didaktik
An pädagogischen Hochschulen werden spezielle Fachdidaktiken unterrichtet, zum Beispiel Mathematikdidaktik und Sprachdidaktik. Eine entsprechende Didaktik für das Vermitteln von Wissen rund um die Bauprozesse fehlt. Deshalb waren wir gezwungen, eine eigene dafür zu entwerfen. Didaktik soll hier als Lehre vom Lernen und Lehren und insbesondere als Methode des Unterrichtens verstanden werden. Dabei haben wir diverse Modelle entworfen und uns überlegt, wie wir die zuständigen SIA-Kommissionen als Experten in die Wissensvermittlung einbringen können. Sollen die Kurse in den SIA-Ordnungs-Kommissionen entwickelt werden?
Doch für Experten ist es oft nicht einfach, ihre Erfahrung an Lernende weiterzuvermitteln – ein Problem, das sich auch beim SIA-Mentoring-Programm zeigt. Sollen gar die Inhalte allein bei SIA-Form entwickelt werden?
Wir haben uns für ein kombiniertes Modell entschieden. Markus Friedli, dipl. Architekt ETH SIA BSA, dipl. Bau-Ing. HTL, entwickelt die einzelnen Inhalte gemeinsam mit ausgewählten Kommissionsmitgliedern. Diese treten innerhalb der Kurse als Gastreferenten auf und führen danach mit den Teilnehmenden die Diskussion. Die involvierten Kommissionen haben im Sommer das Konzept und eine Einladung zur Mitarbeit erhalten. Diverse Rückmeldungen sind erfolgt, und im eben gestarteten Herbstsemester 2018 werden erste Gastreferate gehalten.
Diese neue Kursreihe wird Semester für Semester weiterentwickelt. Neben den phasenbezogenen Grundmodulen werden phasenübergreifende Themen zum Projektpflichtenheft, Bauhandbuch oder zum Qualitätsmanagement angeboten. Weitere Themen, die leider oft ein Schattendasein fristen, beispielsweise das Risikomanagement, können so besser eingebettet und deren Bedeutung passend übermittelt werden. Auf jeden Fall werden neue Entwicklungen, wie zum Beispiel die im Jahr 2020 erwartete SIA-Ordnung 101 «Bauherrenleistungen», beobachtet und in Zusammenarbeit mit den zuständigen Kommissionen integriert. Eine Übertragung der Kursreihe auf die anderen Sprachregionen ist geplant.
Nächste Veranstaltungen
Das Projektpflichtenheft – Inhalt und Anwendung, ab 25. September 2018, Infos und Anmeldung: www.sia.ch/form/PPH02-18
Begleitung von Projektwahlverfahren, SIA 112 – Modell Bauplanung; Phase 2 «Vorstudien», ab 23. Oktober 2018, Infos und Anmeldung: www.sia.ch/form/PWV01-18