Verdichten im Grünen
In der Siedlung St. Albanteich in Basel wurden vier Hochhäuser mit einem Anbau versehen, um das Areal zu verdichten. Die parkähnliche Umgebung und die städtebaulich wertvolle Struktur konnten dabei erhalten werden.
Die Siedlung St. Albanteich befindet sich im Basler Breite-Quartier auf dem Gelände einer ehemaligen Stoffbandfabrik. Die Überbauung entstand 1960 und versammelt bis heute vier Scheibenhochhäuser à 17 Etagen und sechs zweigeschossige Mehrfamilienhäuser. Sie umfasste bis vor Kurzem 574 Wohnungen und beherbergte zusätzlich ein Einkaufsgeschäft und einen Kindergarten. Grosszügige, grüne Zwischenräume und der namensgebende St. Alban-Teich verleihen dem Areal einen parkähnlichen Charakter.
Sorgfältig erweitern
Die drei institutionellen Eigentümer der Siedlung einigten sich 2010 darauf, eine Verdichtung des Areals zu prüfen. Morger Partner Architekten aus Basel erhielten den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie, um Lösungen für eine Weiterentwicklung des Bestands bei gleichzeitigem Erhalt der wertvollen Strukturen und Grünräume zu finden. Der Entwurfsprozess brachte folgende Variante hervor: An der Brandwand der bestehenden Hochhäuser können vier Punkthochhäuser angebaut werden. So lässt sich die Arealfläche effizienter nutzen, ohne das städtebauliche Gefüge zu beeinträchtigen.
Zwischen 2012 und 2015 wurden das Vorprojekt und der Bebauungsplan erarbeitet. 2018 begann die Realisierung; vier Jahre später waren die Arbeiten abgeschlossen. Während des gesamten Bauprozesses konnten die Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Wohnungen bleiben. Dank der Gebäudetrennung hielten sich die baulichen Emissionen in einem vertretbaren, beschränkten Rahmen.
Eigenständig und doch vereint
Ein Regelgeschoss der neuen Punkthochhäuser beinhaltet eine 3.5- und eine 4.5-Zimmer-Wohnung, die jeweils mindestens zweiseitig ausgerichtet sind und deren Eckbalkone sich nach Süden öffnen. Die Bestandsbauten sind demgegenüber nach Ost und West orientiert. Den vertikalen Abschluss der angebauten Hochhäuser bildet ein zurückversetztes Attikageschoss, das einen spektakulären Ausblick über die Parklandschaft und die Region Basel bietet.
Weitere Beiträge zum Thema «Immobilien und Energie» sind im gleichnamigen E-Dossier abrufbar.
Die Anbauten sind aufgrund baurechtlicher Einschränkungen, etwa in Bezug auf die lichte Raumhöhe, nur 16 Geschosse hoch – eines weniger als der Hochhausbestand. Die zentrale Herausforderung war deshalb, daraus ein stimmiges Gesamtbild aus Neu- und Altbau zu entwickeln. Dies gelingt, indem die Anbauten das von Brüstungsbändern geprägte bestehende Fassadenbild aufnehmen und neu interpretieren. Der Versatz in der horizontalen Gliederung ist gleichwohl sichtbar, was dem Anbau eine eigenständige Wirkung verleiht. Brüstungsgläser und Markisen setzen zusätzliche Farbakzente, fügen sich aber harmonisch in die weissen Metallfassaden der Ursprungsbauten ein. Der Gesamtwirkung kaum abträglich ist die sichtbare vertikale Trennfuge, die aus Gründen der Erdbebensicherheit zwischen Neu- und Altbau ausgebildet werden musste. Sie stellt sicher, dass sich die Bauten statisch nicht gegenseitig beeinflussen.
Erscheinungsbild beibehalten
Die zweigeschossigen Mehrfamilienhäuser aus den 1960er-Jahren gibt es dagegen nicht mehr. Um mehr Wohneinheiten und grössere Grundrisse zu schaffen, entschied sich die Bauherrschaft für die vom Architekten vorgeschlagene Ersatzvariante: Die sechs Baukörper sind jeweils einem dreigeschossigen Gebäude gewichen. Gegen eine Aufstockung sprachen statische Gründe und eine unflexible Struktur.
Bei der Entwicklung der Neubaufassaden legten die Architekten jedoch Wert auf die Gesamtwirkung des Ensembles. Sie nahmen das übergeordnete Gestaltungsmerkmal der hohen Bandfassaden auf und wahrten so trotz baulicher Eingriffe das ursprüngliche Erscheinungsbild.
Fokus auf Nachhaltigkeit
Bei der Planung und Realisierung der Arealentwicklung nach innen spielten weitere Nachhaltigkeitsaspekte eine wichtige Rolle. Das Projekt soll dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) entsprechen und durchläuft dafür ein Zertifizierungsverfahren. Der Gebäudestandard gilt als Richtschnur für die Beurteilung des Planungs- und Realisierungsprozesses hinsichtlich der drei Nachhaltigkeitsdimensionen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Sozial relevant sind zum Beispiel Aussenräume, die den Kontakt unter den Bewohnenden fördern, ebenso wie gestalterische und städtebauliche Qualitäten. Letztere werden insofern erfüllt, als die Parklandschaft weitgehend unversiegelt blieb. In ökonomischer Hinsicht lagen die Schwerpunkte etwa auf der Optimierung der Lebenszykluskosten und dem Beitrag an die Regionalökonomie. Unter den ökologischen Kriterien waren Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien einzuhalten, Baustoffe effizient einzusetzen und Naturräume und die Artenvielfalt der Umgebung zu erhalten.
Photovoltaik und E-Mobilität
Das Siedlungsareal um den St. Albanteich ist an das städtische Fernwärmenetz angeschlossen; die Wärme zum Heizen und für Brauchwasser wird über eine Zentrale in die einzelnen Gebäude verteilt. Der Strom für die nun 720 Haushalte stammt zu 100 % aus erneuerbaren Quellen. Ein Teil davon wird direkt vor Ort erzeugt: Sowohl die Dachflächen auf den Neubauten als auch diejenigen auf den Bestandsbauten werden für Photovoltaikanlagen zur Verfügung gestellt. Dem prognostizierten Jahresertrag von 130 000 kWh Solarstrom steht ein erwarteter Mehrkonsum gegenüber. Die Einstellhallen für den motorisierten Individualverkehr sollen auf den Umstieg zur Elektromobilität vorbereitet werden. Die Grundinstallationen für das Laden von Elektroautos sind realisiert; bei entsprechender Nachfrage aus der Bewohnerschaft lassen sich die betreffenden Parkplätze einfach und schnell mit Solarstrom versorgen.
Wohnsiedlung St. Albanteich, Basel
Nutzung
Wohnen (Gewerbe, Bildung)
Bauherrschaft
Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft, Wallisellen; assetimmo Immobilien-Anlagestiftung, Zürich; De Bary & Co., Basel
Architektur
Morger Partner Architekten, Basel
Landschaftsarchitektur
Westpol, Basel
Baumanagement
S+B Baumanagement, Olten
Bauingenieur
wlw Bauingenieure, Zürich
Bauphysik
Zeugin Bauberatungen, Münsingen
Elektroplanung
Hefti. Hess. Martignoni., Aarau
HLKK-Planung
Balplan, Olten
Sanitär
Aeschlimann Engineering, Olten
Gebäudestandard
SNBS Hochbau
Baujahr
1960
Erweiterung
2018–2022
Mit Unterstützung von energieschweiz und Wüest Partner sind bei espazium – Der Verlag für Baukultur folgende Sonderhefte erschienen:
Nr. 1/2018 «Immobilien und Energie: Strategien im Gebäudebestand – Kompass für institutionelle Investoren»
Nr. 2/2019 «Immobilien und Energie: Strategien der Vernetzung»
Nr. 3/2020 «Immobilien und Energie: Strategien der Transformation»
Nr. 4/2021 «Immobilien und Energie: Mit Elektromobilität auf gemeinsamen Pfaden»
Nr. 5/2022 «Immobilien und Energie: Strategien des Eigengebrauchs»
Nr. 6/2023 «Immobilien und Energie: Wertschätzung für das Bestehende»
Die Artikel sind im E-Dossier «Immobilien und Energie» abrufbar.