Tur­bu­len­zen auf dem Hol­z­markt

Seit Anfang Jahr sind Holzprodukte knapp. Die Preise steigen in bisher nicht gekanntem Tempo. Das Coronavirus und die sich abzeichnende Erholung der Wirtschaft spielen eine wichtige Rolle, sind aber nicht die einzigen Gründe für die angespannte Situation auf den Märkten.

Data di pubblicazione
22-05-2021

Die Nachfrage nach Holz und Holzprodukten ist in den letzten Wochen rapid gestiegen. Ebenso die Preise. Branchenkenner und Holzhändler sprechen von Verhältnissen, die sie so in den letzten 30 Jahren nie erlebt hätten. Ende 2020 hatte diese Entwicklung noch kaum jemand vorhergesehen. Von den Turbulenzen betroffen sei aber nicht nur der Holzbau, betont Michael Meuter von der Lignum, dem Branchenverband der Holzwirtschaft Schweiz. Auch bei anderen Baumaterialien wie Stahl, Kunst- und Klebstoffe gebe es Engpässe.

Der Wind hat gedreht

Noch vor wenigen Monaten herrschte auf dem Holzmarkt Flaute. Jetzt hat der Wind gedreht. China hat relativ rasch aus der Coronakrise herausgefunden, und das Land braucht viel Holz. Ebenso stark ist der Holzbedarf in den USA. Das Coronavirus spielt dabei eine wichtige Rolle. Viele Amerikaner würden in Zeiten von Homeoffice den teuren Städten den Rücken kehren und an günstigeren Lagen Häuser aus Holz bauen oder erwerben, sagt Meuter. Verstärkt werde der Bauboom durch die angelaufenen Konjunkturprogramme.

Zudem stockt der Import von Holz aus Kanada, dem traditionellen Holzlieferanten der USA. Zum einen, weil Präsident Trump Importzölle auf kanadisches Holz verhängt hatte, zum anderen, weil nach den massiven Borkenkäferkalamitäten von 1999 bis 2014 in den Wäldern im Westen Kanadas die Hiebsätze deutlich reduziert wurden.

Als Folge davon wird mehr Holz aus Europa nach Nordamerika exportiert. Vor allem aus den skandinavischen Ländern, aber auch aus Deutschland und Österreich. In Kombination mit dem Holzbauboom in Europa sind nun die dafür benötigten Bauprodukte knapp geworden.

In Deutschland ist die Stimmung aufgeheizt. Weil die Forstwirtschaft seit längerem mit sehr tiefen Rundholzpreisen konfrontiert ist und noch kaum etwas vom Preisanstieg spürt, will man die Gunst der Stunde nutzen und nicht einfach rasch mehr Holz liefern. Exponenten der Forstwirtschaft riefen gar zu einem Lieferboykott auf, um höhere Preise zu erzwingen. Das kam bei der holzverarbeitenden Industrie natürlich schlecht an.

Keine Festpreise mehr offerieren

Die Preissteigerungen sind dabei nur ein Aspekt. Gravierender sind Lieferverzögerungen bei Produkten für den Holzbau. Der Branchenverband Holzbau Schweiz empfiehlt deshalb, in der gegenwärtigen Situation in den Werkverträgen keine Festpreise mehr zu vereinbaren. Wie die Betriebe damit umgehen können, ist in einem Infoblatt zur Materialteuerung im Holzbau festgehalten.

Rund 70 % der in der Schweiz verbauten Materialen im Holzbau stammen aus ausländischer Produktion. Der Rest wird durch die Schweizer Holzindustrie abgedeckt. Die inländischen Betriebe schöpfen alle ihre Kapazitäten aus, um die gestiegene Nachfrage nach Holzprodukten zu befriedigen. Doch der Spielraum sei begrenzt, sagt Michael Gautschi, der Direktor von Holzindustrie Schweiz. «Die Kapazitäten können nicht von heute auf morgen stark ausgeweitet werden.» Und wenn ein Betrieb heute investiere, so könne er nicht genau wissen, wie die Marktsituation in zwei Jahren ausschaue.

Unausweichliche Preiskorrektur

Die Holzpreise seien in den letzten Jahren derart stark gefallen, so dass eine Preiskorrektur eigentlich nötig und auch positiv sei, findet Gautschi. Eine solche würde die Schweizer Holzindustrie, die mehrheitlich auf den Binnenmarkt ausgerichtet sei, auch zu Investitionen animieren. «Angesichts der Probleme mit den internationalen Lieferketten könnte die regionale Holzbeschaffung und die Zusammenarbeit mit der inländischen holzverarbeitenden Industrie wieder attraktiver werden», sagt Gautschi.

Auch die in den letzten Jahren arg gebeutelte Waldwirtschaft hofft auf höhere Rundholzpreise. Nach einer mehrjährigen Durststrecke ist die Geduld der Förster am Ende. 2015 löste die Aufhebung des Mindestkurses des Franken gegenüber dem Euro einen Preissturz bei den Rundholzpreisen aus. 2018 litten die Bäume unter der Trockenheit und Stürmen. Der anschliessende Borkenkäferbefall zog Zwangsnutzungen nach sich und führte zu einem Überangebot an Holz.

Waldeigentümer fordern höhere Preise

Der Verband der Waldeigentümer WaldSchweiz forderte unlängst dezidiert höhere Abnahmepreise für Rundholz aus dem Wald. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, müssten die Durchschnittspreise über alle Sortimente um mindestens einen Drittel steigen, heisst es in einer Mitteilung.

Laut Daniel Fässler, Ständerat von Appenzell Innerrhoden und Präsident von WaldSchweiz, sind die Waldeigentümer bereit, die nötigen Holzmengen zur Verfügung zu stellen. Aber nicht zu jedem Preis. Die Waldwirtschaft benötige für die kommende Holzschlagsaison nun klare Signale von der holzverarbeitenden Industrie bezüglich der nachgefragten Menge sowie der Bereitschaft, höhere Preise dafür zu bezahlen.

So rasch der Spuk gekommen ist, so rasch kann er auch wieder verschwinden. Internationale, offene und vernetzte Märkte gehorchen eigenen Spielregeln. Zu hoffen ist, dass sich die Situation beruhigt und sich ein Preisniveau für Holzprodukte einpendelt, mit dem die gesamte Holzkette – von der Waldwirtschaft über die holzverarbeitende Industrie und dem Holzbau bis zu den Bauherrschaften – gut leben und sich auch weiterentwickeln kann. Damit wäre allen gedient. Und die Verwendung von Holz als umwelt- und klimaschonendem Baustoff würde weiter gestärkt. Die politischen Weichenstellungen in der Schweiz und Europa stützen diese Entwicklung zusätzlich.

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